Mittwoch, 11. Mai 2016

WIR WOLLEN UNSER LEBEN ZURÜCK!


Die Petition richtet sich an Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit (BMG) und 12 andere. *

Katharina Voss




ME- bzw. "CFS"-Patienten fordern:


o ANERKENNUNG DES WHO-CODES G93.3


o GELDER FÜR DIE BIOMEDIZINISCHE ERFORSCHUNG VON ME („CFS“)


o SCHLUSS MIT DER DISKRIMINIERUNG DURCH UNSER GESUNDHEITSSYSTEM



Myalgische Enzephalomyelitis? – Noch nie gehört!
Die Myalgische Enzephalomyelitis (ME) ist die häufigste und verheerendste Krankheit, von der Ihr Arzt noch nie gehört hat. Viele Ärzte glauben, dass diese Krankheit nur in den Köpfen der Patienten existiert. Dabei wurde ME von der WHO bereits 1969 unter dem Diagnoseschlüssel G93.3 als organische Krankheit klassifiziert. 
In Deutschland wird ME auch verharmlosend und unzutreffend als „Chronisches Müdigkeitssyndrom“, „Chronisches Erschöpfungssyndrom“ oder „Chronic Fatigue Syndrom“ („CFS“) bezeichnet. Diese Namen sind das Ergebnis einer beispiellosen Bagatellisierungs- und Psychopathologisierungskampagne, die kurz nach der Klassifikation der WHO begann. (Wenn Sie mehr über die Krankheit erfahren wollen und wen sie treffen kann, bitte runterscrollen.) 
Was wir im Einzelnen fordern: 
o          Ein offizielles Bekenntnis des BMG, des G-BA, der BÄK, des GKV, des MDS, der AWMF und der DRV zu einer WHO-konformen Einordnung von ME (und „CFS“) unter dem Schlüssel G93.3
o          Ein offizielles Bekenntnis des BMG, des G-BA, der BÄK, des GKV, des MDS, der AWMF, des BMBF und der DRV, ihr zukünftiges Handeln in Bezug auf die Krankheit ME bzw. „CFS“ nach Artikel 2 (2) und Artikel 3 (2 u. 3) des Grundgesetzes auszurichten [Artikel 2 (2) „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. …“. Artikel 3 (2) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Artikel 3 (3) „… Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“]
o          Die ersatzlose Streichung sämtlicher Bezugnahmen auf „CFS“ und ME in der AWMF-Leitlinie S 3
o          Die Neufassung einer AWMF-Leitlinie zur Myalgischen Enzephalomyelitis auf der Grundlage der International Consensus Criteria von 2011 und des International Consensus Primer von 2012
o          Die ersatzlose Streichung des Kapitels „Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)“ und sämtlicher Bezugnahmen in den übrigen Kapiteln auf „CFS“ und ME inklusive Streichung der Patientenbriefe aus der DEGAM-Leitlinie Nr. 2 "Müdigkeit"
o          Die Neufassung einer ärztlichen Leitlinie zur Myalgischen Enzephalomyelitis auf der Grundlage der International Consensus Criteria von 2011 und des International Consensus Primer von 2012
o          Die Ausarbeitung von Patientenbriefen auf der Grundlage der International Consensus Criteria von 2011 und des International Consensus Primer von 2012
o          Die Übersendung von Informationsmaterial (neue Leitlinien und Patienteninformationen, s.o.) an allgemeinmedizinische, internistische, neurologische, infektiologische, immunologische, allergologische, rheumatologische, kardiologische, hämatologische, endokrinologische, umweltmedizinische, sportmedizinische, physiotherapeutische, osteopathische, psychiatrische und HNO-Praxen
o          Informations- und Aufklärungskampagnen zum Krankheitsbild für Ärzte, Krankenhäuser, Notaufnahmen, Reha-Kliniken, Gesundheitsämter, Schulämter, Jugendämter, Sozialämter, Krankenversicherer, Rentenversicherer, Berufsunfähigkeitsversicherer, Gutachter, Jobcenter, VdK
o          Ärztefortbildungen zum Thema Myalgische Enzephalomyelitis auf der Grundlage internationaler biomedizinischer Forschungsergebnisse
o          Die Verankerung des Themas in den Lehrplänen der medizinischen Fakultäten
o          Die ersatzlose Streichung sämtlicher Bezugnahmen auf „CFS“ und ME und G.93.3 aus den DRV-„Leitlinien für die sozialmedizinische Beurteilung von Menschen mit psychischen Störungen“
o          Eine bundesweite Aufklärungskampagne zu ME auf der Grundlage der International Consensus Criteria von 2011 und des International Consensus Primer von 2012 (Print- und Digitalmedien)
o          Die Rücknahme des mangelhaft recherchierten RKI-Reports „Erkenntnisstand zum „Chronic Fatigue Syndrome“ (CFS)“
o          Die Einrichtung eines Forschungsetats für die biomedizinische Erforschung von ME. Die Höhe des Etats sollte Krankheiten vergleichbarer Prävalenz und vergleichbarem Behinderungsgrad (z.B. MS) entsprechen
Wir bitten um Ihre Unterschrift! 
Bitte helfen Sie mit Ihrer Unterschrift, die katastrophale Lage der ME- bzw. „CFS“-Patienten in Deutschland zu verbessern. Immer mehr Menschen sind von dieser grausamen Krankheit betroffen, seit einigen Jahren auch zunehmend Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen sind gezwungen, ein menschenunwürdiges Dasein in abgedunkelten Zimmern zu fristen, abgeschnitten von der Außenwelt und völlig hilflos. Was soll aus diesen Kindern werden, wenn ihre Eltern nicht mehr in der Lage sind, sie zu pflegen? Was soll aus den vielen jungen Menschen werden, die ihre Schule nicht beenden können, keine abgeschlossene Ausbildung haben und schwerkrank vor sich hinsiechen? 
Es muss endlich Schluss sein mit der Bagatellisierung, Psychopathologisierung und Verleugnung einer Krankheit, an der überwiegend Frauen leiden! Gegenwärtig werden Frauen mit Krankheiten unbekannter Ätiologie durch unser Gesundheitssystem diskriminiert. Dem müssen wir entschieden entgegentreten. 
Menschen mit ME brauchen dringend effektive Therapien und eine adäquate medizinische Versorgung, um wieder am Leben teilhaben zu können. Der volkswirtschaftliche Schaden, der dadurch entsteht, dass man ME-Kranken Forschung und Therapien vorenthält, ist immens. Da die Krankheit sich zunehmend ausbreitet, muss dringend etwas geschehen. Es kann nämlich jeden treffen – auch Sie! 
Bitte unterzeichnen Sie hier!

INFORMATIONEN ZU ME 

Was ist ME? 
ME tritt sowohl sporadisch als auch in Epidemien und Clustern auf. Es ist eine chronische und unheilbare Multisystemerkrankung, die in 80% der Fälle viral ausgelöst wird. Die Ursache der Krankheit liegt weiterhin im Dunkeln. Die Patienten warten mehr als 80 Jahre nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch der Krankheit immer noch auf größere Forschungsanstrengungen und eine effektive Therapie. 
Kernsymptom der Krankheit ist nicht etwa Müdigkeit, wie oft behauptet wird. Kernsymptom ist eine pathologische Erschöpfbarkeit der Muskulatur mit der Folge einer neuroimmunen Zustandsverschlechterung nach Belastung. Je nach Schweregrad der Krankheit können die knapp bemessenen Energieressourcen z.B. durch einen halben Arbeitstag, einen kurzen Spaziergang, leichte Haushaltsarbeit oder sogar nur durch Nahrungsaufnahme, das Umdrehen im Bett oder das Sprechen eines einzelnen Wortes völlig erschöpft sein. Wer die häufig sehr eng gesteckten Grenzen der Belastbarkeit überschreitet, muss mit einer vorübergehenden oder sogar dauerhaften Verschlechterung seines Zustands rechnen. Dementsprechend haben Aktivierungstherapien oder gar körperliches Training einen schädlichen Effekt. Weitere Symptome betreffen neurologische, immunologische, kognitive, sensorische sowie autonome Bereiche. Viele ME-Patienten leiden unter einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik.
Tausende von Studien haben die biomedizinischen Anomalien ME-Kranker inzwischen belegt. Einige von ihnen werden z.B. hier oder hier oder auch hier aufgelistet.
Krankheitsverlauf 
Die Krankheit kann einen zyklischen oder einen schubweisen oder auch einen progredienten Verlauf nehmen. Dabei zeigt sie sich in unterschiedlich schwerer Ausprägung. Die Betroffenen können mild, moderat, schwer, sehr schwer oder sogar lebensbedrohlich erkrankt sein. Bei mild Erkrankten ist die Aktivität um ca. 50% reduziert. Sie können i.d.R. noch arbeiten, zur Schule gehen oder studieren, jedoch nicht an Freizeitaktivitäten teilnehmen. Diese Patienten werden oftmals von Infektionen heimgesucht und haben deshalb viele Fehltage. Moderat Betroffene müssen ihren Beruf meist aufgeben, sind in ihrer Mobilität stark eingeschränkt und benötigen bei der Bewältigung des Alltags viele Ruhepausen. Die Lebensqualität moderat Erkrankter liegt weit unter der älterer Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und der Lungentransplantierter. Auch moderat Betroffene sind demnach schwerkranke Menschen. 
Mild und moderat erkrankte ME-Patienten zeigten unter Belastung eine so schlechte Sauerstoffaufnahme (VO2 max), dass fast die Hälfte von ihnen nach den Leitlinien der American Medical Association als moderat bis schwerbehindert gelten würde. 
Schwer Betroffene – etwa 10% bis 25% der Erkrankten – sind den größten Teil des Tages bettlägerig und nur selten in der Lage, das Haus zu verlassen. Sie benötigen für längere Wege einen Rollstuhl und haben massive kognitive Probleme. Schwerstkranke – ca. 1-2% – sind komplett bettlägerig, unfähig zu den einfachsten persönlichen Hygienemaßnahmen und unfähig, selbstständig zu essen und zu trinken. Extrem schwere Formen der Krankheit können zu Anfällen, Lähmungen, Spastiken, Inkontinenz und lebensbedrohlichen Komplikationen führen. 
Kann man an ME sterben? 
Die Krankheit kann auch einen tödlichen Ausgang nehmen. Ein prominentes Beispiel ist der ME-kranke britische Parlamentsabgeordnete Brynmor John, der am 13. Dezember 1988 plötzlich zusammenbrach und starb, als er das Fitnessstudio des britischen Unterhauses verließ, nachdem man ihm Sport angeraten hatte, um wieder in Form zu kommen. Ein weiterer bekannter Todesfall ist der von Sophia Mirza. Einige Todesfälle stehen auch auf dieser Liste.
Meist ist die Todesursache eine progressive Degeneration der Endorgane, insbesondere Herzversagen, Versagen der Bauchspeicheldrüse oder Nierenversagen. Auch tödliche Krebserkrankungen treten auffallend gehäuft bei ME-Patienten auf. Das Sterbealter krebserkrankter ME-Patienten liegt mehr als 20 Jahre unter dem durchschnittlichen Sterbealter der übrigen Krebskranken. Bei Herzversagen liegt das durchschnittliche Sterbealter ME-Kranker sogar fast 25 Jahre darunter. Die Suizidrate ist wie bei allen schweren chronischen Krankheiten ebenfalls erhöht. 
Nach einer Studie, die die Todesursachen verstorbener ME-Patienten analysierte, stehen sowohl Suizid als auch Herzversagen mit jeweils 20%, Krebs mit 19% und Komplikationen durch ME (wie z.B. lebensgefährliche Infektionen, Medikamentenunverträglichkeiten etc.) mit 11% an der Spitze der Todesursachen. Das durchschnittliche Sterbealter ME-Kranker liegt beträchtlich unter dem der Allgemeinbevölkerung. 
Wie viele erkranken? 
Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit soll es etwa 300.000 „CFS“-Kranke in Deutschland geben. Das sind weit mehr als HIV-Infizierte. Bei konservativer Schätzung wären es immerhin noch 200.000 Erkrankte, ebenso viele wie an Multipler Sklerose Erkrankte. Die Myalgische Enzephalomyelitis hat sich aus einer im Jahr 1959 „auf nationaler Ebene zahlenmäßig nicht wichtig[en]“ Krankheit zu einer der „häufigste[n] chronische[n] Krankheit[en] junger und mittelalter Erwachsener“ westlicher Industrienationen entwickelt.* 
Wer erkrankt? 
Die Krankheit kann jeden treffen. Alle ethnischen Gruppen und Menschen aller sozioökonomischen Schichten sind betroffen, ebenso alle Altersgruppen, einschließlich Kindern. Einer großen norwegischen Studie zufolge erkranken am häufigsten Menschen der Altersklassen zwischen 10 und 19 Jahren und zwischen 30 und 39 Jahren. Laut einer britischen Studie leiden 51% der Schüler mit langen Fehlzeiten an ME. 
Frauen erkranken zwei- bis viermal so häufig wie Männer. Als Gründe für die höhere Prävalenzrate bei Frauen werden deren geringeres Blutvolumen sowie deren verminderte Masse an Blutzellen diskutiert, außerdem die Schwächung der Th1-Immunität durch das weibliche Sexualhormon Östrogen. Diese Faktoren scheinen das Entstehen einer ME zu begünstigen. 
Wie sieht die medizinische Versorgung für ME-Kranke aus? 
Weil die Krankheit verharmlost, psychopathologisiert oder auch verleugnet wird, erhalten die Erkrankten keine angemessene medizinische Versorgung. Nur wenige Patienten sind richtig diagnostiziert, da es kaum Ärzte gibt, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind. Vielen bettlägerigen Schwer- und Schwerstkranken, die nicht mehr mobil sind, fehlt die dringend benötigte hausärztliche Betreuung. Patienten, die noch in der Lage sind, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, treffen meist auf Behandler, die ihnen aus Unkenntnis psychiatrische Falschbehandlungen wie etwa Aktivierung angedeihen lassen. Sinnvolle therapeutische Maßnahmen zur Symptomlinderung sind den meisten Medizinern unbekannt. Effektive Behandlungen, die zu Remission oder gar Heilung führen würden, stehen bis heute nicht zur Verfügung. 
Viele ME-Patienten müssen Jahre oder Jahrzehnte eine Lebensqualität erdulden, die der von AIDS- und Krebspatienten im Endstadium vergleichbar ist – ohne dass sie medizinisch adäquat versorgt werden. 
Wie lauten die evidenzbasierten Therapieempfehlungen zu ME? 
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) hält die Myalgische Enzephalomyelitis oder das „Chronische Müdigkeitssyndrom“, wie sie es nennt, entgegen der WHO-Einordnung für eine Befindlichkeits- oder Verhaltensstörung. Dementsprechend werden in der DEGAM-Leitlinie „Müdigkeit“, die auch die Behandlungsrichtlinien für „CFS“-Kranke enthält, nur allgemeine Gesundheitstipps zur Aktivierung der Patienten gegeben, die auf psychiatrischen Behandlungsempfehlungen beruhen. Der schlecht recherchierte Report des Robert-Koch-Instituts zu „CFS“ enthält die gleichen Empfehlungen. Ebenso die S 3 Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, die „CFS“ bzw. ME zu „nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden“ zählt.

Diese psychiatrischen Empfehlungen basieren hauptsächlich auf der sogenannten
 PACE trial, einer britischen Studie, die Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und Graded Exercise Therapy (GET) für erfolgversprechend erklärte. Doch solche Therapien sind potentiell schädlich für ME-Kranke, wie diverse Studien beweisen. 
Aber auch ohne Kenntnis dieser Studien liegt es auf der Hand, dass eine organische Krankheit, deren Kernsymptom eine pathologische Erschöpfbarkeit der Muskulatur mit der Folge einer neuroimmunen Zustandsverschlechterung nach Belastung ist, weder mit Aktivierung noch mit der Verleugnung der Überzeugung, an einer organischen Krankheit zu leiden, behandelbar ist. Man käme nicht auf die Idee, andere organische Krankheiten wie etwa Krebs oder AIDS in erster Linie und ausschließlich mit Aktivierung und/oder Kognitiver Verhaltenstherapie zu behandeln! 
Weshalb die Daten der PACE trial international in die Kritik geraten sind und warum die Autoren der Studie sich weigern, ihre anonymisierten! Daten herauszugeben, können Sie z.B. hier, hier und hier sowie hier, hier, hier und hier und hier nachlesen. 
Wie sieht es mit der Forschung in Deutschland aus? 
In Deutschland wird ME bzw. „CFS“ entgegen der rechtsverbindlichen Klassifikation der WHO und des 5. Sozialgesetzbuches psychopathologisiert. Die biomedizinischen Anomalien der Krankheit werden verleugnet, eine organische Ursache der Krankheit erst gar nicht in Erwägung gezogen. Ärztliche Leitlinien der DEGAM und der AWMF, die Leitlinien der DRV sowie Stellungnahmen von Ärztekammern und Krankenversicherern dokumentieren, dass Deutschland den internationalen Forschungsstandards zu ME um Jahrzehnte hinterherhinkt. 
Die Ergebnisse der internationalen ME-Forschung werden hierzulande kaum zur Kenntnis genommen und fließen nicht in die ärztliche Aus- und Fortbildung ein. Deutschland selbst hat bislang gar keine öffentlichen Mittel für die Erforschung der ME aufgewandt.
Ein Grund, weshalb unser deutsches Gesundheitssystem ME bzw. „CFS“ wahlweise verleugnet, bagatellisiert oder zu einer psychischen Krankheit umdeklariert, mögen die hohen Kosten sein, die mit der Erforschung der Krankheit und der Entwicklung einer effektiven Behandlung verbunden sind. Doch der volkwirtschaftliche Schaden, der aus dieser Ignoranz erwächst, ist immens. 
Wie hoch wird der volkwirtschaftliche Schaden beziffert? 
Für Deutschland sind keine Zahlen verfügbar. Eine amerikanische Untersuchung errechnete die jährlichen Gesamtkosten durch Produktivitätsverluste – ohne die Kosten für medizinische Behandlung mit einzurechnen – auf 9,1 Milliarden Dollar. Zu der Zeit, als die Untersuchung durchgeführt wurde, war das mehr als der Endgewinn Walmarts, des seinerzeit größten Unternehmens der Welt. 
Eine andere Studie aus dem Jahr 2008, die direkte und indirekte Kosten einberechnete, kam auf die schwindelerregende Summe von fast 24 Milliarden Dollar, die „ME/CFS“ die amerikanische Gesellschaft pro Jahr kostet. Rechnet man das auf die geschätzten Prävalenzzahlen für Deutschland um, wäre bei uns ein jährlicher Verlust zwischen fünf und neun Milliarden Euro zu beklagen. 
Effektiv therapierte ME-Patienten, die genesen und in den Produktionsprozess reintegriert wären, würden innerhalb kürzester Zeit die Kosten für medizinische Forschung und Behandlung erwirtschaften und könnten darüber hinaus wieder deutlich zur Steigerung des Bruttosozialproduktes beitragen. 
Soziale Isolation 
Ein Großteil der Erkrankten lebt sozial isoliert. Schwer Erkrankte vegetieren oft Jahrzehnte vor sich hin, ohne adäquate medizinische Versorgung, von hilflosen, überforderten und uninformierten Ärzten aufgegeben, von Gutachtern beargwöhnt oder verhöhnt, von den Sozialsystemen häufig ausgeschlossen und nicht selten sogar von Freunden und Verwandten im Stich gelassen. Oft zu krank, um Haus oder Bett zu verlassen, Besuch zu empfangen oder auch nur zu telefonieren, vereinsamen diese Menschen und verschwinden allmählich von der Bildfläche. 
Aber auch diejenigen, die noch in der Lage wären, Kontakte zu pflegen, werden oft ins soziale Abseits gestellt. Dazu tragen verharmlosende Bezeichnungen wie „Chronisches Erschöpfungssyndrom“ oder „Müdigkeitssyndrom“ nicht unwesentlich bei. Sie suggerieren, dass es sich nicht um Symptome mit Krankheitswert, sondern nur um Befindlichkeiten handelt, die auch Gesunde erleben. Entsprechend gering ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Die Betroffenen werden häufig sozial geächtet und als faul, hypochondrisch, hysterisch, verhaltensauffällig, psychisch krank, verrückt sowie als Sozialschmarotzer und Simulanten abgestempelt. Die Hilfsbereitschaft der wenigen verbliebenen Freunde lässt oft dann spürbar nach, wenn sie realisieren, dass der Zustand des Patienten sich nicht verbessert und ME tatsächlich eine chronische Krankheit ohne Heilungsaussichten ist. 
Doch viele ME-Patienten sind schon aufgrund ihrer speziellen neurologischen Symptomatik von der gesellschaftlichen Teilhabe, auf die Behinderte einen gesetzlichen Anspruch haben, weitgehend ausgeschlossen. Eine australische Untersuchung dokumentierte eindrucksvoll die soziale Isolation der Betroffenen. Dänische Forscher untersuchten die Lebensqualität von „ME/CFS“-Patienten und verglichen sie mit der von Patienten 20 anderer schwerer Krankheiten. Bei den „ME/CFS“-Patienten wurde mit Abstand die durchschnittlich niedrigste Lebensqualität festgestellt. Selbst Patienten mit chronischem Nierenversagen, Schlaganfall und Krebs hatten eine höhere Lebensqualität. Eine amerikanische Studie kam bereits vor 20 Jahren zum gleichen Ergebnis. Die Situation der Erkrankten hat sich also seither nicht im Geringsten verbessert. 
Finanzielle Misere
Ein Großteil der Erkrankten steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Zumeist krankheitsbedingt erwerbsunfähig, sind sie auf die finanzielle Unterstützung von Familie oder Partner angewiesen, oder sie leben von Erwerbsminderungsrente bzw. Grundsicherung. Privatärztliche Konsultationen, teure Labordiagnostik, Behandlungen mit hochwertigen Nahrungsergänzungsmitteln oder andere Therapieversuche haben oft alle Ersparnisse verschlungen. Sind die letzten finanziellen Ressourcen verbraucht, können sich die Erkrankten keine Besuche mehr bei den überwiegend privat praktizierenden Spezialisten leisten und müssen auch auf dringend benötigte Nahrungsergänzungsmittel und Bio-Kost verzichten.
Die Wohnsituation vieler Erkrankter ist prekär. Sie benötigen eine geräusch-, emissions- und schadstoffarme Umgebung. Ein Umzug ist jedoch meist weder finanziell noch kräftemäßig zu stemmen.
Krankheiten unklarer Ätiologie bieten Sozialversicherungsträgern größtmögliches Einsparpotenzial. Solange der G-BA eine Leistung (z.B. eine Laborleistung oder eine Behandlungsmethode) nicht anerkannt hat, wird sie von den gesetzlichen Krankenkassen nicht finanziert. Entsprechen Leistung und Behandlungsmethode nicht dem „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse“ , werden die Kosten dafür dem Patienten aufgebürdet. Weigert der ME-Patient sich, an bestimmten Rehabilitationsmaßnahmen teilzunehmen, wie etwa stufenweise gesteigertem Aktivitätstraining (GET), das zwar nach den derzeitigen Maßstäben der Qualitätssicherung therapeutischen Nutzen verspricht, in Wirklichkeit aber dem Patienten schadet, können ihm die Berentung verwehrt oder Sozialleistungen gekürzt oder sogar entzogen werden.
ME bzw. „CFS“ dürfte eine der wenigen Krankheiten – wenn nicht die einzige – sein, bei der den Patienten anstelle einer medizinischen Behandlung eine Reha angeboten wird. In der Regel muss einer Reha jedoch eine medizinische Therapie vorangehen. Genau die wird den ME-Patienten aber von unserem Gesundheitssystem vorenthalten. 
Die DRV ordnet ME bzw. „CFS“ unter den psychiatrischen Erkrankungen ein. Demzufolge werden die Patienten bei der DRV von Psychiatern begutachtet – und das, obwohl sie an einer Krankheit leiden, von deren biomedizinischen Anomalien die meisten Psychiater nicht das Geringste verstehen.
Viele Berufsunfähigkeitsversicherungen enthalten außerdem eine sogenannte „Psycho-Klausel“, nach der der Versicherer bei psychischen Erkrankungen des Versicherten keine Leistungen erbringen muss. Auf diese Weise werden Renten eingespart und ME-Patienten in die Armut getrieben. 
Benachteilung und Diskriminierung chronisch kranker Frauen 
ME trifft Männer, Frauen und Kinder. Doch die meisten Erkrankten sind Frauen. Wenn Frauen, die an einer chronischen Krankheit unbekannter Ursache leiden, die biomedizinische Erforschung ihrer Krankheit und die Entwicklung medikamentöser Therapien vorenthalten werden, liegt ein klarer Fall von Benachteiligung vor. 
Wenn Ärzte, Gutachter und Behörden körperliche Beschwerden von Frauen nicht ernst nehmen und ihnen den Krankheitswert absprechen, haben wir es mit Diskriminierung zu tun. Wer Menschen, die an einer organisch klassifizierten Krankheit leiden, als hysterisch oder hypochondrisch, als verhaltensauffällig oder als Simulanten und Sozialschmarotzer abstempelt und sie nicht angemessen medizinisch untersucht und versorgt, macht sich der Diskriminierung und Stigmatisierung schuldig. 
Auch wer Patienten für psychisch krank erklärt, obwohl sie an einer organischen Krankheit leiden, betreibt ihre Stigmatisierung. Denn die Psychopathologisierung gründet nicht etwa auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, die mit der Entwicklung effektiver Therapien verbunden wären. Sie wird keineswegs zum Wohle des Patienten betrieben, sondern dient einzig und allein der Kostenentlastung der Gesundheits- und Rentenkassen. Wer bagatellisierend von chronischer Müdigkeit oder Erschöpfung spricht und die Kernsymptomatik der Krankheit nicht zur Kenntnis nimmt, trägt zur Stigmatisierung der Erkrankten bei. Auch die Bezeichnung „Chronic Fatigue Syndrom” bzw. „CFS“ ist stigmatisierend, weil der Name die Nähe zu psychiatrischen Erkrankungen suggeriert und einer Verwechslung mit ihnen Vorschub leistet. 
Inzwischen gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die Zahl der Erkrankten stetig zunimmt. Es sind hauptsächlich jüngere Frauen, die an ME erkranken. Frauen, die noch mitten in Studium oder Ausbildung oder aber Berufsanfänger sind. Oder Frauen, die bereits eine vielversprechende Karriere gestartet haben. Frauen, die sich Kinder wünschen oder schon mitten in der Familienplanung stecken. Die Krankheit macht die Pläne all dieser Frauen zunichte und aus potenziellen Leistungsträgerinnen der Gesellschaft sieche Almosenempfängerinnen. 
Wir haben in Deutschland ein leistungsstarkes Gesundheitssystem, um das wir von Menschen vieler Nationen beneidet werden. Die Benachteiligung chronisch kranker, behinderter Frauen fügt dem Ruf unseres Gesundheitssystems jedoch großen Schaden zu. Ebenso die Diskrimierung und Stigmatisierung einer großen Gruppe Schwerkranker, gleich welchen Geschlechts, welchen Alters, welcher Bildung, welchen Einkommens. Vergessen Sie nicht: Die Krankheit kann jeden treffen! Deshalb sollten Sie sowie die Politiker und die Vertreter unseres Gesundheitssystems sich gemeinsam mit uns für uns ME-Kranke stark machen. 
Bitte unterzeichnen Sie hier!

* Prof. Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA); Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF); Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK); Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes (GKV); Dr. Stefan Gronemeyer, stellvertr. Geschäftsführer und leitender Arzt des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS); Prof. Dr. med. Martin Scherer, Sprecher der Ständigen Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM); Dr. Sibylle Scriba, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG); Birgit Hesse, Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) 2016; Dr. Axel Reimann, Präsident der Deutschen Rentenversicherung (DRV), und Dr. med. Katja Fischer, Ansprechpartnerin für die DRV-„Leitline zur sozialmedizinischen Beurteilung bei psychischen und Verhaltensstörungen“ (DRV); Prof. Dr. Claudia Spies, Vorsitzende der Ständigen Kommission „Leitlinien“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF); Prof. Dr. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch Instituts (RKI)
 ** Johnson, Hillary Osler's Web: Inside the Labyrinth of the Chronic Fatigue Syndrome Epidemic, S. 203, Penguin Books 1997.