In meinem letzten Blogeintrag habe ich
erläutert, was Namensvetter Per Fink, dänischer Psychiater und Klinikdirektor der
Research Clinic for Functional Disorders
and Psychosomatics in Aarhus, mit dem der Lüge bezichtigten Titelhelden aus
Henrik Ibsens dramatischer Dichtung Peer
Gynt gemeinsam hat, nämlich seinen problematischen Umgang mit der
Wirklichkeit und der Wahrheit.
Bedauerlicherweise beschränkt sich der nicht
nur auf Finks theoretische Abhandlungen, sondern nimmt im Umgang mit
ME-Patienten ganz konkrete Formen an. Der Klinikdirektor ist gemeinsam mit
seinem Chefarzt Niels Balle Christensen hauptverantwortlicher Drahtzieher für
die Zwangseinweisung und psychiatrische Fehlbehandlung der dänischen
ME-Patientin Karina Hansen. Im Februar 2013 drangen 5 Polizisten, 2 Ärzte, 2
Sozialarbeiter und ein Mann vom Schlüsseldienst gewaltsam in das Elternhaus der
damals 24-Jährigen ein, hielten die Mutter der um Hilfe Schreienden davon ab,
ihr beizustehen, und transportierten die bettlägerige Patientin in das Hammel Neurocenter ab.
In der neurologischen Klinik wurde die junge
Frau auf der geschlossenen Station untergebracht. Ihre behandelnden Ärzte wurden
von der Research Clinic for Functional
Disorders and Psychosomatics instruiert, speziell von Finks Mitarbeiter
Niels Balle Christensen. Mehr als eineinhalb Jahre lang traktierte man die schwerkranke
Patientin mit Graded Exercise Therapie, Kognitiver Verhaltenstherapie und
psychotropen Substanzen. „Ihr bringt mich um“, soll Karina Hansen
während der Aktivierungsbehandlung mehrfach zu den Krankenschwestern gesagt
haben.
Dass sie mit dieser Vorhersage gar nicht so
falsch lag, wird Karina vermutlich nicht mehr wahrnehmen können. Denn vor etwa einem Jahr wurde sie in eine Einrichtung für Menschen mit einer erworbenen
Hirnschädigung abgeschoben, wo die Patienten auch vom Stab des Hammel Neurocenters betreut werden. Die
psychiatrische Falschbehandlung hat offensichtlich bleibende Schäden
hinterlassen, denn Berichten zufolge sitzt Karina jetzt dünn und blass im
Rollstuhl, unfähig einen Satz zu sprechen oder gar zu Konversation, schneidet
Gesichtsgrimassen und murmelt mit sich selbst. Für dieses „medizinische Wunder“
ließ Per Fink sich auf einem Symposium feiern – nun ja, in einer Hinsicht hat
er wirklich Erfolg gehabt, denn den Kampf gegen ihre Misshandler musste Karina
Hansen gezwungenermaßen aufgeben.
Freiwillig hätte die junge Frau diesen Kampf sicher
nie aufgesteckt. Im Laufe ihrer Krankheit wurde ihr von diversen Ärzten, u.a. auch vom Amtsarzt, volle geistige Gesundheit und Entscheidungsfähigkeit,
ausdrücklich auch die Wahl der Behandlung betreffend, attestiert. Und sie musste schon
einmal, während eines Klinikaufenthaltes im Jahr 2008, die Erfahrung machen,
dass Aktivierung ihren Zustand verschlechterte. Deshalb reagierte sie misstrauisch, als Niels Balle Christensen, der Karina
und ihrer Familie im Jahr vor der Zwangseinweisung bereits mehrere Besuche
abgestattet hatte, ihr vorschlug, einen Behandlungsplan zu erstellen und anbot,
sie in ein Krankenhaus einliefern zu lassen. Seine
Behandlungsvorschläge konkretisieren wollte er jedoch nicht und
zudem war er nicht bereit, mit dem Anwalt der Familie zu kooperieren, weshalb
die Hansens den Kontakt zu ihm abbrachen.
Kein halbes Jahr später wurde Karina gegen
ihren erklärten Willen und mit Gewalt aus ihrem Elternhaus herausgeholt. Die
Mutter der Patientin bezichtigte man urplötzlich der Vernachlässigung und
Karina wurde kurzerhand entmündigt, womit ihre Zwangseinweisung im Nachhinein
als gerechtfertigt erscheinen sollte. Mittlerweile wird die Zwangseinweisung
von den Veranwortlichen mit der Behauptung verschleiert, es habe sich um einen
Akt der Force majeure gehandelt,
da Karinas Leben zuhause in Gefahr gewesen sei.
Doch bei einem seiner Besuche im Vorjahr
hatte Christensen der Mutter noch vor Zeugen bescheinigt, „einen
guten Job zu machen“. Und Karina war weder verrückt noch eine Gefahr für sich
selbst oder andere; sie litt einfach nur – als wäre das nicht schon Bürde genug
– unter einer schweren Form von ME. „Wie komme ich hier raus? Ich verkrafte es
nicht“, fragte Karina ihre Mutter via Handy, kurz nachdem sie in die Klinik eingeliefert
worden war. Doch die Verbindung brach ab und es blieben die letzten Worte, die
Karinas Mutter ihre Tochter hat sprechen hören. Später stellte sich heraus,
dass Karina 43 Mal erfolglos versucht hatte zu telefonieren, bevor der Akku
versagte oder ihr das Handy abgenommen wurde. Ihr letzter Anruf galt der Polizei,
das Gespräch dauerte 40 Sekunden.
Ihre Eltern durfte sie seit der
Zwangseinweisung nicht mehr sehen. Sie könnten ihre (erwachsene!) Tochter womöglich
bezüglich deren psychiatrischer Zwangsbehandlung negativ beeinflussen, gab man
ihnen zur Begründung. Karina bekam im Mai 2013 einen Vormund, und zwar
ausgerechnet den Polizeibeamten Kaj Stendorf, der noch im Februar für ihre
gewaltsame Entfernung aus dem Elternhaus verantwortlich gewesen war, zum
Zeitpunkt der Vormundschaftsübernahme sich jedoch bereits im Ruhestand befand.
Die
Tatsache, dass der ehemalige Polizeichef sich in einem offenkundigen
Interessenkonflikt befand, weil er Karinas Zwangseinweisung angeordnet hatte
und deshalb niemals ihr Vormund hätte werden dürfen, wurde von den von den
Eltern angerufenen Gerichten ignoriert. Das zuständige Gericht vor Ort hörte
nicht einmal den Rechtsanwalt der Familie. Auch die nächsthöhere Instanz vermied
es, etwas zur Aufklärung des Falles beizutragen. Stendorf wurde vom Gericht nicht
als Zeuge vereidigt, wie es der Anwalt der Familie gefordert hatte. Als
geladener Vormund sagte er aus, dass er keine Ahnung habe, wie Karina behandelt
werde. Er wirkte nervös und stotterte und bekam die Erlaubnis des Richters, die
Verhandlung vorzeitig verlassen zu dürfen. Auf diese Weise entzog sich Stendorf
einer eingehenderen Befragung.
Fast
unnötig zu erwähnen, dass den Anwälten der Familie bis heute keine Kopien der
Krankenhausakten vorliegen, ebenso keine Unterlagen, welche die rechtlichen
Grundlagen für Karina Hansens Zwangseinweisung und Entmündigung dokumentieren
würden. Fakt ist außerdem, dass Karina zwar schwerkrank, jedoch im vollen
Besitz ihrer geistigen Kräfte ins Hammel
Neurocenter eingeliefert wurde. Entlassen wurde sie jedoch offenbar als
Hirngeschädigte in das auf erworbene Hirnschädigungen spezialisierte Heim. Was
wurde ihr im Hammel Neurocenter
angetan und wer hat das zu verantworten?
Bekannt ist zumindest, dass Karina während
ihres Aufenthalts in der neurologischen Klinik umdiagnostiziert wurde, und zwar
vermutlich nachdem sich abzuzeichnen begann, dass die psychiatrische Behandlung
keine Früchte tragen würde. Niels Balle Christensen einigte sich dem Vernehmen
nach gemeinsam mit einigen anderen Psychiatern (unter ihnen Peter White,
Mitglied der englischen Wessely-School)
auf die Sprachregelung, Karina könne durchaus ME gehabt haben, doch
mittlerweile leide sie am Pervasive
Arousal Withdrawal Syndrome (PAWS),
was man annähernd mit Durchgängiges
Erregungs-Rückzugssyndrom übersetzen kann. Diese kinderpsychiatrische Diagnose
hat jedoch bislang weder Eingang in das ICD noch ins DSM gefunden.
Es bleibt dabei das Geheimnis dieser
Psychiater, wieso sie einer Mittzwanzigerin eine kinderpsychiatrische Diagnose
stellen, und wie sie den abrupten Wechsel von einer neurologischen zu einer
psychiatrischen Erkrankung erklären. Das ist in etwa so, als ob man einen
MS-Patienten nach einem Schub, der ihn endgültig niederstreckt, für geheilt
erklärt, und ihm stattdessen eine psychiatrische Krankheit anhängt. Rein wissenschaftlich
betrachtet ist diese Vorgehensweise geradezu lachhaft.
Doch weil die Psychiater dabei die Patientin über
die Klinge springen ließen, bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Denn statt
Expertenrat einzuholen, fügten sie ihr lieber mutmaßlich nicht
wiedergutzumachenden Schaden zu. Das Angebot von ME-Spezialisten, Karina im Hammel Neurocenter zu besuchen, wurde
von Niels Balle Christensen abgelehnt. Auch den Vorschlag, Karinas Blut im
Ausland untersuchen zu lassen, schmetterte er ab. Fürchteten Christensen und
Fink etwa, dass von der Norm abweichende Laborparameter ihre Hypothese von einer mentalen Verursachung und auch die PAWS-Diagnose
hätten zum Einsturz bringen können? Oder mussten sie sogar befürchten, dass die
Folgen der psychiatrischen Fehlbehandlung mit einer solchen Untersuchung hätten
nachgewiesen werden können?
Spätestens als sich
herauszukristallisieren begann, dass Christensen & Co sich verhoben hatten mit
ihrer Behandlungsstrategie, hätten sie nach dem ärztlichen Grundsatz primum non
nocere handeln und ein Zweitgutachten einholen müssen. Selbst wenn sie zuvor im
guten Glauben gehandelt haben sollten, Karina Hansen die bestmögliche
Behandlung angedeihen zu lassen, hätten sie ab dem Zeitpunkt, wo deutlich
wurde, dass sie einem Irrtum erlegen waren, der sich zum Nachteil der Patientin
auswirkte, Experten zu Rate ziehen müssen, um weiteren Schaden von der jungen Frau abzuwenden. Stattdessen diagnostizierte man die iatrogen Geschädigte
einfach um, und zwar einzig und allein aus dem Grund, um die eigene gut
dotierte psychiatrische Verursachungstheorie nicht ins Wanken zu bringen. Dabei
hatte Christensen zugegeben, nicht einmal Erfahrung mit PAWS zu haben und nicht zu
wissen, wie es zu behandeln sei. Von ME wohl ganz zu schweigen!
Auch Kaj Stendorf gestattete nicht die
Einholung einer medizinischen Zweitmeinung. Seiner Pflicht, Entscheidungen im
Sinne seines Mündels zu treffen, ist er somit nicht nachgekommen. Ebensowenig wie
Karinas Pflichtverteidigerin Anne Grete Kampmann, die ebenfalls ihrer Klientin das
auch in Dänemark eingeräumte Recht auf eine Zweitmeinung verwehrte. Wie
Stendorf steht auch Kampmann in einem Interessenkonflikt, denn sie leistet der
Gemeinde Holstebro Rechtsbeistand. Deshalb hätte sie gar nicht erst als
Anwältin für Karina Hansen bestellt werden dürfen. Darüber hinaus bekamen
Prozessbeobachter bei ihrem Auftritt vor Gericht, wo sie mit dem Richter
während der Verhandlung vielsagende Blicke tauschte und mit den Augen rollte
und den Kopf schüttelte, während der Anwalt der Eltern vortrug, den Eindruck,
dass es sich um ein abgekartetes Spiel handelte.
Vormund und Pflichtverteidigerin sind ziemlich
offensichtlich nur Marionetten bzw. nützliche Idioten im gesundheitspolitischen
Ränkespiel von Psychiatern, Verantwortlichen der Kommune und des dänischen
Gesundheitsministeriums. Die Interessen ihres Schützlings vertreten sie auf
alle Fälle nicht.
Und Christensen machte überwiegend einander
widersprechende Aussagen den Zustand seiner Patientin betreffend. Er behauptete
einerseits, lange Gespräche mit Karina geführt zu haben, andererseits, dass sie
nicht sprechen könne. Er bezeichnete sie als inkompetent und unfähig, für sich
selbst zu sorgen, und dennoch soll sie ihr Einverständnis zu den Behandlungen
und zu der Übersiedelung in das Heim für Patienten mit erworbener
Hirnschädigung gegeben haben. Karina soll laut Christensen eine Reihe von gesundheitlichen
Fortschritten während ihres Klinikaufenthaltes gemacht haben, doch liegen diese
allesamt weit unter dem Niveau vor Klinikeinweisung. Immerhin war sie direkt
nach der Einweisung noch in der Lage zu telefonieren und sogar die Polizei zu
verständigen. Zusätzlich sprach Christensen von einer Mangelernährungsdiagnose.
Doch vor ihrer Einweisung aß Karina nach den Ernährungsempfehlungen von
ME-Spezialisten und war nicht mangelernährt. Die Mangelernährung muss also
unter der Inobhutnahme neu aufgetreten sein. Welche Behandlungen Karina derzeit
erhält, ob überhaupt welche und wie sie auf eventuelle Behandlungen reagiert,
verriet Christensen nicht.
Das hört sich alles weder fachlich versiert noch
nach vertrauenswürdiger ärztlicher Betreuung an. Dennoch findet sich offenbar in
ganz Dänemark kein Entscheidungsträger, der dieses grausame Menschenexperiment
der Fink-Entourage beenden möchte. Im Gegenteil, es wird von allen Seiten
gedeckt. Gesundheitspolitisch steht offenbar zuviel auf dem Spiel. Dass Per
Fink & Kollegen eine Umklassifizierung organischer Krankheiten wie z.B. der
ME und sämtlicher sogenannter somatoformer
Störungen oder medizinisch
unerklärlicher Symptome anstreben, kommt auch den Regierenden und ihren
Ministerien zupass. Ein Kollateralschaden wie im Falle von Karina Hansen darf
da bloß nicht an die große Glocke gehängt werden.
Deshalb ist es ganz unwahrscheinlich, dass
Karina Hansen je wieder aus ihrer psychiatrischen Gefangenschaft entlassen
wird. Was für ein Gesichtsverlust, wenn bekannt würde, dass die ME-Patientin trotz
der vollmundigen Versicherungen der Psychiater, ihr die adäquate Behandlung
angedeihen zu lassen, nach zwei Jahren psychiatrischer Zwangstherapie mit Aktivierung
und psychotropen Substanzen immer noch nicht laufen kann! Und noch
schlimmer, wenn die Presse darüber berichten würde, dass Karina womöglich einen
bleibenden Hirnschaden von dieser Behandlung davongetragen hat!
Immens wäre der finanzielle Schaden für den Versicherer
Tryg und den Psychopharmakahersteller
Lundbeck, die, wie im letzten Blogeintrag dargelegt, Per Finks Forschung mitfinanzieren, wenn öffentlich würde,
dass Karinas Zustand sich unter der psychiatrischen Behandlung nicht
verbessert, sondern erheblich verschlechtert hat und man daraus schließen könnte,
dass ME eben keine psychiatrische, sondern eine organische Krankheit ist.
Auch auf dem Hintergrund der finanziellen Abhängigkeit
wird noch einmal deutlich, weshalb Per Fink & Kollegen eine Patientengeisel
wie die schwerkranke Karina Hansen gar nicht freigeben können, denn schließlich wäre
mit ihrer Herausgabe das Eingeständnis verbunden, auf der ganzen Linie mit ihrem
psychiatrischen Behandlungsregime gescheitert zu sein. Deshalb muss Karina
Hansen rund um die Uhr bewacht werden und deshalb wird auch niemand zu ihr
vorgelassen. Nicht einmal an Weihnachten oder an ihren Geburtstagen bekommt die
Entrechtete ihre Familie zu Gesicht.
Am 7. November wird Karina ihren nunmehr dritten
Geburtstag in Folge in psychiatrischer Gefangenschaft begehen müssen. Höchste
Zeit, eine internationale Untersuchungskommission ins Leben zu rufen. Denn einzig
unabhängige Experten könnten Licht in das Dunkel dieses Falls bringen. Und das
scheint dringend geboten. Denn bei all den Ungereimtheiten möchte man mit Prinz
Hamlets Freund Marcellus laut rufen: Something is rotten in the state of Denmark
…
Wenn Sie für die Anwaltshonorare von Karinas Eltern
spenden möchten, können Sie das über ein Spendenportal tun. Alle Spenden werden
der niederländischen Patientenorganisation ME/CVS
Vereniging überwiesen, die das Geld an Karina Hansens Eltern bzw. den Anwalt weitergibt.
Fügen Sie bitte im Kommentarfeld „For Karina Hansen“ ein: https://www.geef.nl/donatiemodule/taal:en/doel:save4children
Siehe auch https://www.facebook.com/JusticeForKarinaHansen?fref=ts
Katharina Voss, Copyright 2015