Montag, 1. August 2016

Severe ME Day



„Ich kann nicht gewaschen werden, ich kann meinen Kopf nicht heben, ich kann niemanden bei mir haben, ich kann nicht aus dem Bett gehoben werden, kann nicht aus dem Fenster schauen, kann nicht berührt werden, kann weder fernsehen noch Musik hören – die Liste ist lang. ME hat meinen Körper zu einem quälenden Gefängnis gemacht“, schrieb Emily Rose Collingridge 11 Monate vor ihrem Tod im Alter von nur 31 Jahren. (1) 

So oder ähnlich entsetzlich verläuft das Leben derer, die sehr schwer oder extrem schwer an ME erkrankt sind. Schwerstkranke wie Emily Collingridge machen etwa 1-2% aller ME-Kranken aus. (2) Sie sind komplett bettlägerig, unfähig zu den einfachsten persönlichen Hygienemaßnahmen, meist unfähig, selbstständig zu essen und zu trinken. Viele von ihnen leiden unter periodisch wiederkehrenden Anfällen, Lähmungserscheinungen, Spastiken, Inkontinenz und sind permanent dem Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen ausgesetzt. 




Auch die Schwerkranken sind überwiegend bettlägerig, können jedoch noch ein paar Schritte laufen. Für längere Wege benötigen sie einen Rollstuhl und nur selten können sie das Haus verlassen. Sie haben starke kognitive Probleme und brauchen viel Assistenz zur Bewältigung des Alltags. Diese Patientengruppe stellt einen Anteil von ca. 10% bis 25% der Erkrankten. (3)

Falls die in Großbritannien und den USA ermittelten Prävalenzzahlschätzungen (zwischen 0,11-0,42%) auch für Deutschland zutreffen, haben wir hierzulande derzeit zwischen ca. 9000 – 86000 schwerkranke und ca. 900 – 6900 schwerstkranke ME-Patienten, von denen vermutlich die meisten fälschlich mit einer psychiatrischen Diagnose belegt sind.





Jedes Jahr am 8. August erinnern wir an die schwer- und schwerstkranken ME-Patienten. Es ist der Geburtstag von Sophia Mirza, die 2005 im Alter von nur 32 Jahren an schwerer ME starb. So gedenken wir an diesem Tag also auch all derer, die an ME verstorben sind.


Denn einer der weit verbreitetsten Irrtümer über die Krankheit ist der, dass die Krankheit nicht tödlich verlaufen könne. Der vielzitierte Spruch „Das Gute an CFS ist, dass Du nicht daran stirbst. Das Schlechte an CFS ist, dass Du nicht daran stirbst." ist schlicht falsch. Das durchschnittliche Sterbealter ME-Kranker liegt beträchtlich unter dem der Allgemeinbevölkerung. Laut einer Studie, die die Todesursachen verstorbener ME-Patienten analysierte, stehen sowohl Suizid als auch Herzversagen mit jeweils 20,1%, Krebs mit 19,4% und Komplikationen durch ME mit 11,1% an der Spitze der Todesursachen. (4)

Sophia Mirza verstarb laut Totenschein an akutem Nierenversagen, das durch die Auswirkungen ihrer „CFS“-Erkrankung entstanden ist. „SHE DIED AS A RESULT OF ACUTE RENAL FAILURE ARISING FROM THE EFFECTS OF CHRONIC FATIGUE SYNDROME“, ist da zu lesen. Damit ist ihr Tod direkt auf die Grunderkrankung zurückzuführen. (5)






Doch auch fast alle anderen in der Studie aufgeführten Todesursachen sind eng mit der Grunderkrankung verknüpft, selbst wenn der Tod keine direkte Folge von ME ist. Krebs beispielsweise tritt nicht nur auffallend häufig bei ME-Kranken auf, auch das durchschnittliche Sterbealter krebserkrankter ME-Patienten liegt mit 47,8 Jahren mehr als 20 Jahre unter dem durchschnittlichen Todesalter von Krebskranken. Krebserkrankte ME-Patienten versterben mutmaßlich deshalb so viel früher als die übrigen Krebspatienten, weil sie schon in jungen Jahren an Krebs erkranken. Aber auch deshalb, weil sie nicht rechtzeitig diagnostiziert werden und/oder nicht therapiert werden können.



Denn Schwer- und Schwerstkranke bekommen oftmals keine angemessene ärztliche Versorgung. Sie sind zu schwach und zu krank, um Arztbesuche machen zu können. Viele von ihnen, wenn nicht sogar die meisten, haben nicht einmal einen Hausarzt, der bereit wäre, ihnen Hausbesuche abzustatten. Schwerstkranke sind darüber hinaus nicht selten in einer so schlechten Verfassung, dass selbst der Hausbesuch eines Arztes sie entschieden überlasten und zu weiteren extremen Verschlechterungen führen würde. Eine Krebsdiagnose bedeutet für sie zwangsläufig das Todesurteil, auch dann, wenn der Krebs gut behandelbar wäre. Denn diese Patienten würden wegen der – schier unvorstellbaren – Schwere ihrer Grunderkrankung die Strapazen einer Krebstherapie nicht überstehen.





Das Gleiche gilt auch für andere Begleiterkrankungen, die vielfach bei dieser extrem vernachlässigten Patientengruppe unbehandelt bleiben. Doch noch weitere Risikofaktoren bedrohen das Leben der schwer und schwerst Betroffenen. Sie werden am häufigsten Opfer von Psychopathologisierung und Zwangspsychiatrisierung. Auch schwerkranke Kinder mit ME haben ein hohes Risiko, psychiatrisch zwangsbehandelt zu werden. Ihre Eltern sind massiv davon bedroht, das Sorgerecht für sie zu verlieren. Denn diese Kinder sind weder kognitiv noch kräftemäßig in der Lage, ein Schulprogramm zu absolvieren, auch keine Haus- oder Online-Beschulung. Das wird jedoch von den Schul- und Jugendbehörden in vielen Fällen nicht akzeptiert. Da überwiegend Desinformationen zur Krankheit kursieren, unterstellt man den Kindern, sie wären nicht wirklich krank, sondern Schulverweigerer oder ihre Eltern würden sie vom Unterricht fernhalten wollen.






Auch Sophia Mirza wurde zwei Jahre vor ihrem Tod zwangseingewiesen, weil sie sich weigerte, sich in eine neurologische Klinik einweisen zu lassen, wo man die Patienten mit Aktivierung therapierte. Eines Tages schlug die Polizei die Tür ihrer Wohnung ein und brachte die Schwerkranke in die örtliche Nervenheilanstalt, wo man sie in das Zimmer einer geschlossenen Abteilung einsperrte. Man verweigerte der Bettlägerigen grundlegende Krankenpflegemaßnahmen und Hygieneassistenz. Obwohl Sophia sämtliche Versorgungsmaßnahmen verwehrt wurden, gingen die Krankenschwestern ununterbrochen bei ihr ein und aus. Als Folge dieses Zwangsaufenthaltes in der Psychiatrie verschlechterte sich Sophias Zustand so nachhaltig, dass sie schließlich an ME verstarb. (6)

Der Zustand der schwerkranken dänischen ME-Patientin Karina Hansen, die im Februar 2013 gewaltsam aus ihrem Elternhaus abtransportiert und in das Hammel Neurocenter zwangseingewiesen wurde, verschlechterte sich ebenfalls unter der psychiatrischen Zwangsbehandlung offenbar drastisch. Denn nach etwa 1 ½ Jahren Therapie mit Aktivierung, Reizexposition und der Verabreichung von psychotropen Substanzen wurde sie in eine Einrichtung für Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung abgeschoben. Augenzeugenberichten zufolge sitzt Karina seither dünn und blass im Rollstuhl, unfähig auch nur einen Satz zu sprechen oder gar zu Konversation, schneidet Gesichtsgrimassen und murmelt mit sich selbst. (7)






Sie meinen, so etwas könne in Deutschland nicht passieren? Das ist leider Wunschdenken. Immer wieder bekomme ich verzweifelte Hilferufe von Angehörigen oder Schwerkranken, die von Zwangspsychiatrisierung bedroht sind. Die Netzforen sind voll von Berichten deutscher ME-Kranker, die auf Betreiben unverständiger Ärzte, Gutachter, Sozialarbeiter, Jugendamtmitarbeiter, Angehöriger oder Betreuer zwangseingewiesen oder aber unter Androhung von Entziehung der Existenzgrundlagen zu Rehas in psychosomatischen Kliniken genötigt wurden. Bei Selbsthilfegruppen bekommt man das Gleiche zu hören – grausame Geschichten von unterlassener Hilfeleistung, indirekter Aktivierung durch Verweigerung oder Unterlassen dringend benötigter Hilfestellungen, absichtlicher Reizexposition, verbalen Demütigungen und psychiatrischen Zwangsmaßnahmen, die das Krankheitsbild bei den meisten Betroffenen erheblich verschlechtert haben.

Der Kinderheilkundler Prof. Dr. Ola Didrik Saugstadt sagte im norwegischen Fernsehen, die Behandlung der heutigen ME/CFS-Patienten sei vergleichbar mit der von Menschen, die man vor Jahrzehnten einer Lobotomie unterzog. Und weiter: „Wenn eines Tages die vollständige Geschichte des ME/CFS ge­schrieben ist, dann werden wir uns alle schämen.“ (8)






Viele Ärzte sind schockiert, wenn sie zum ersten Mal einen schwerstkranken ME-Patienten zu Gesicht bekommen. Sie können kaum glauben, dass diese Krankheit, die laut DEGAM-Leitlinie doch nur eine Befindlichkeits- und Verhaltensstörung sein soll, derart gravierende Folgen haben kann. Wenn das Blutbild der schwerkranken Patienten jedoch nicht mit dem Beschwerdebild korreliert und entgegen ärztlicher Erwartung keine entsprechenden Auffälligkeiten zeigt, werden uninformierte Ärzte des Öfteren misstrauisch. Sie halten den Patienten dann für einen Simulanten. Oder sie verdächtigen die Betreuungsperson, dem Patienten die Krankheit einzureden oder ihn sogar krank zu machen. Denn sachunkundige Ärzte wissen nicht, dass der klinische Schweregrad nicht zwangsläufig mit Veränderungen der Routinelaborparameter korreliert.

Einige Ärzte verfallen auch in Aktionismus, wenn sie einem schwerkranken ME-Patienten begegnen. Sie wollen dann unbedingt ihre Heilkunst unter Beweis stellen. Dabei spielen nicht immer nur unlautere Motive wie Eitelkeit oder Arroganz eine Rolle, oder dass die Ärzte sich ihre eigene Macht- und Hilflosigkeit angesichts der bislang unheilbaren Krankheit nicht eingestehen können. Manche wollen auch einfach nur helfen und den Patienten wieder ins Leben zurückholen. Doch wenn ihre Behandlungsversuche keine Besserung bringen, fangen sie plötzlich an, am guten Willen des Patienten zu zweifeln.

Sie sehen ihre ärztliche Potenz in Frage gestellt und begreifen nicht, dass es nicht dem Willen des schwerkranken ME-Patienten unterworfen ist, aufzustehen, zu laufen, selbständig zu essen, am Leben teilzuhaben oder gar zu gesunden. Das Gefühl versagt zu haben, kann solche Ärzte sehr verärgern und manche lassen sich sogar zu sadistischen Drohungen und Wutausbrüchen gegenüber den Patienten hinreißen.




Wenn der unerfahrene Arzt merkt, dass sein schwerkranker ME-Patient sehr viel mehr über seine Krankheit weiß als er selbst, wird er womöglich noch wütender. Er wertet das dann eventuell sogar als Beleg für eine psychische Erkrankung. Patienten, die – meist aus der Not heraus! – selbständig medizinische Infomationen einholen, sind vielen Ärzten ein Dorn im Auge. Die Aneignung von Wissen wird ihnen als typisches Symptom einer psychischen Störung ausgelegt. Selbst wenn der Arzt zuvor von einer körperlichen Erkrankung seines Patienten überzeugt war, schwenkt er oftmals in so einem Fall wieder auf seine abgespeicherten Vorurteile um – egal, ob dem schwerstkranken Patienten die Krankheit sogar deutlich anzumerken ist.

Die Rückbesinnung des Arztes auf die geltenden Leitlinien ist auch als entlastender Rückgriff auf die wohlvertrauten und gut gehegten Abwehrmechanismen zu verstehen. Er enthebt den Arzt der Verantwortung für den schwierigen und zeitintensiven Patienten und rückt sein ins Wanken geratenes Weltbild wieder zurecht. Der Arzt darf – unter Berufung auf die Leitlinien – seine Fassung wieder zurückgewinnen, die ihm kurzfristig abhanden gekommen war in Anbetracht der schockierenden Tatsache, dass es trotz eines der weltbesten Gesundheitssysteme bei uns Menschen zu geben scheint, die weitgehend unbehandelt jahre- bzw. jahrzehntelang in einem unvorstellbaren Ausmaß leiden müssen.



Es fällt offenbar vielen Menschen – und nicht nur Ärzten! – schwer, mit dem Patienten gemeinsam auszuhalten, dass seine Krankheit bislang nicht heilbar ist. Man muss Rückgrat besitzen und es gehört viel Mut dazu, den von Ärzte- und Gesellschaft geächteten Patienten zu halten und nicht fallen zu lassen. Es braucht ein offenes Ohr und die besondere Gabe der Zugewandtheit, um den Kranken bei seinen Anliegen unterstützen zu können, ihn zu verteidigen gegen die Unterstellungen und Anwürfe von Skeptikern und Behördenvertretern, ihn medizinisch angemessen zu betreuen, mit ihm gemeinsam nach therapeutischen Optionen zu suchen abseits der sogenannten evidenzbasierten Medizin, ihm bei der Symptomlinderung zu helfen oder ihn einfach nur respekt- und liebevoll zu begleiten.

Besonders schwierig wird es für den Schwer- oder Schwerstkranken, wenn eine Krankenhauseinweisung unumgänglich wird. Denn die Ärzte und Pfleger haben meist noch nie zuvor von ME gehört. Eventuell haben sie schon mal von „CFS“ gelesen und halten das Syndrom für eine Verhaltens- und Befindlichkeitsstörung. Wenn der Patient dann über Symptome wie z.B. Licht-, Geräusch-, Geruchs-, Schmerz- und Berührungsempfindlichkeit berichtet, fühlt das unkundige Krankenhauspersonal sich in seiner Auffassung bestätigt. Solche Symptome werden fast unisono einer Somatisierungsstörung zugeschrieben. Auf die Idee, sie könnten neurologisch verursacht sein, kommen die Wenigsten – eigentlich ein schlechter Witz bei einer neurologisch klassifizierten Krankheit!

Kommen dann noch Symptome wie Verwirrung, Gedächtnisverlust, totaler Brain Fog, Wortverwechselungen, Wortfindungsstörungen oder Verlust der Sprechfähigkeit, Spasmen, Anfälle, Lähmungen, Taubheitsgefühle, seltsame Nervenempfindungen, extreme Schmerzen, Halluzinationen, bewusst erlebte Schlafparalyse, mit Schreien verbundene Albträume, Panikattacken und ein Verhalten, das dem von Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung oder einer Psychose ähnelt, dazu, ist die psychiatrische Diagnose kaum noch abzuwenden.



Dabei sind all diese Symptome durch das schwere Ausmaß neuropathologischer Prozesse bei diesen Patienten bedingt. Die Schwer- und Schwerstkranken können die Fülle von Außenreizen nicht verarbeiten, was zu einer Menge neurologischer Symptome führt, die Uninformierte fälschlich als psychiatrische Symptome interpretieren. Dass die Symptomatik nicht das Ergebnis psychischer Konflikte oder Traumata, sondern organpathologischer Veränderungen ist, zeigt sich auch am Scheitern psychiatrischer Behandlungsmethoden gleich welcher Art bei diesen Patienten. Ganz im Gegenteil richten psychiatrische Behandlungen bei ihnen den größtmöglichen Schaden an. Und im Gegensatz zu vielen Menschen mit psychiatrischen oder neurodegenerativen Krankheiten, sind sich die schwerkranken ME-Patienten ihres sonderbaren Verhaltens stets bewusst. Bei einer Besserung des Gesundheitszustandes verschwindet diese Symptomatik auch wieder, wie die ehemalige Leiterin des „ME/CFS“-Zentrums der Universitätsklinik Oslo Dr. Barbara Baumgarten-Austrheim versichert (9) – ein weiterer Beleg dafür, dass es sich nicht um die Anzeichen einer Somatisierungsstörung handelt.

Ursache für die bizarre Symptomatik ist eine gestörte Filterfunktion des Gehirnstamms und eine verminderte Schwelle für Neuronen loszufeuern. Das ermöglicht es externen Reizen wie Bewegung, Licht, Geräuschen, Berührung und zuweilen sogar unangenehmen Gedanken eine ausgedehnte neuronale Aktivierung zu erzeugen, die zu einer excitotoxischen Schädigung dieser Zellen führt. Solche Mechanismen sind auch von Autoimmunkrankheiten und viralen Infektionen des Nervensystems bekannt. (10)



Erkenntnisse wie diese führen noch einmal vor Augen, welche Gefahren eine laute und hektische Umgebung für die Kranken birgt, und wie schädigend sich Aktivierungsmaßnahmen und Reizexposition vor allem auch auf die Schwerkranken auswirken. Deshalb muss insbesondere die Behandlung und Pflege Schwer- und Schwerstkranker von größtmöglicher Rücksichtnahme auf deren vielfältige Symptomatik bestimmt sein. (Das gilt selbstverständlich auch für die moderat und mild Erkrankten!)

Doch momentan ist genau das Gegenteil der Fall. Gerade weil die schwerkranken ME-Patienten so immens zahlreiche und so außerordentlich seltsame Beschwerden haben, halten viele Ärzte sie für bloße Einbildung. Es ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar, dass ein Kranker so viele verschiedene quälende Symptome gleichzeitig haben kann. Dr. Erich Ryll, einer der Pioniere unter den ME-Ärzten, haderte ebenfalls mit diesem Phänomen. Doch schließlich bekannte er freimütig: „Da die Beschwerden der Patienten so zahlreich waren und oft dem Anschein nach bizarr, war ich häufig versucht zu bestreiten, dass sie real seien. Aber ich lernte, dass Ihr Patienten immer Recht hattet und ich immer falsch lag. Beim Studium dieser Krankheit muss man immer einen offenen Geist besitzen. Diese Krankheit lehrt die Ärzte bescheiden zu sein.” (11) (Ü.d.A.)



In den letzten Wochen haben wir mehrere schwerkranke ME-Patienten verloren, die viel zu früh an den Folgen der Krankheit verstorben sind. Das kollektive Wegschauen von Gesellschaft, Ärzteschaft und politisch Verantwortlichen darf nicht so weitergehen. Damit sich Schicksale wie die von Emily Collingridge, Sophia Mirza und Karina Hansen nicht wiederholen, geben wir am 8. August all jenen eine Stimme, die seit Monaten, Jahren oder Jahrzehnten im Dunkeln liegen und abgeschnitten vom Leben vor sich hinvegetieren müssen, weil ihre Krankheit verleugnet, verharmlost oder psychopathologisiert und deren Ursache nicht erforscht wird.

Wir alle – Angehörige, Freunde, mild und moderat Erkrankte usw. – sind aufgerufen, über ME zu informieren und das öffentliche Augenmerk auf das Schicksal der Betroffenen zu lenken, damit uninformierte Ärzte endlich lernen, diese folgenschwere organische Krankheit von einer Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung zu unterscheiden. Der Severe ME Day am 8. August ist eine von vielen Möglichkeiten darauf aufmerksam zu machen, z.B. in sozialen Netzwerken. Meine Petition, die viele wichtige Informationen zur Krankheit enthält, zu unterschreiben und weiterzuverbreiten, ist eine andere Möglichkeit. Sie können diesen Blogpost auch ausdrucken und Ihren Ärzten geben. Sicher fallen Ihnen noch mehr Möglichkeiten ein, wie man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wecken könnte!


1 Übersetzung von Regina Clos auf http://www.cfs-aktuell.de/april12_2.htm. Original hier abrufbar: http://www.blogistan.co.uk/blog/mt.php/2011/05/28/me-awareness-emily-collingridges-appeal (Abruf 21.07.2016)

2 1-2% laut Findley-Grad-Skala (Prof. Leslie J. Findley et al., National ME Centre Romford, Essex) Quelle: Valentine, Mike, Leger ME Chairman „ME/CFS in 2006.“

3 Der CMO-Report (CMO = Chief Medical Officer des Britischen Gesundheitsministeriums) aus dem Jahr 2002 („A Report of the CFS/ME Working Group - Report to the Chief Medical Officer of an Independent Working Group“) schätzt den Anteil der Schwerkranken auf 25%, s.S. 14

4 Leonard Jason et al. „Causes of Death Among Patients With Chronic Fatigue Syndrome“, Health Care Women Int 2006

5 Das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung ist nachzulesen auf http://sophiaandme.org.uk/docsindex/212.jpg (Abruf 21.07.2016)

6 Sophia Mirzas Geschichte können Sie hier nachlesen. Auch in meinem Buch können Sie Sophias Geschichte nachlesen: Katharina Voss „ME – Myalgische Enzephalomyelitis vs. Chronic Fatigue Syndrom: Fakten Hintergründe Forschung“, MV Wissenschaft 2015

7 Karinas Hansens Geschichte können Sie in meinem Buch nachlesen: Katharina Voss „ME – Myalgische Enzephalomyelitis vs. Chronic Fatigue Syndrom: Fakten Hintergründe Forschung“, MV Wissenschaft 2015

8 Übersetzung von Regina Clos auf http://www.cfs-aktuell.de/was_ist_cfs.htm (Abruf 21.07.2016)

9 S. das Interview von Nicole Krüger mit Dr. Barbara Baumgarten-Austrheim auf http://www.cfs-aktuell.de/maerz10_2.htm (Abruf 13.01.15)

10 Amolak Bansal “SEVERE ME - Extemporaneous Notes From IIMEC8”, http://www.investinme.org/IIME-Newslet-1306-04%20Severe%20ME.htm (Abruf 13.01.15)

11 Erich D. Ryll, M.D., assistant clinical professor of medicine at the Division of Infections & Immunology Diseases at the University of California (Davis). Zitiert aus “INFECTIOUS VENULITIS”, The National CFIDS Foundation, http://www.ncf-net.org/forum/InfVenulitis-Fall05.htm (Abruf 16.12.14)


Katharina Voss, Copyright 2016