Mittwoch, 7. September 2016

Naviaux & Co – wo steckt der Wurm in der Studie?


(Update des Blogeintrags am 30.09.2016)

Viele Forscher, die die ME-Bühne neu betreten, glauben, sie könnten das Feld von hinten aufrollen. So auch Robert K. Naviaux, ein umtriebiger Wissenschaftler, der in Göttingen Biochemie studiert und sich international einen Namen mit seinen Arbeiten auf den Gebieten Humangenetik, angeborene Stoffwechselstörungen, Metabolomik und Mitochondrienerkrankungen gemacht hat und u.a. Leiter eines Labors ist. Er legte nun mit seinen Co-Autoren eine Arbeit zum „Chronic Fatigue Syndrom“ vor, in der die metabolischen Besonderheiten (die den Stoffwechsel betreffenden Abweichungen) von „CFS“-Patienten untersucht wurden.*

In dieser Studie, die weltweit ein großes mediales Echo erzeugte, wurde das Metabolom der Patienten analysiert und mit dem von gesunden Kontrollen verglichen. (Der Begriff Metabolom leitet sich von Metabolismus, Stoffwechsel, ab. Alle charakteristischen Stoffwechseleigenschaften einer Zelle bzw. eines Gewebes werden mit dem Begriff Metabolom erfasst.)

Im Blut der „CFS“-Patienten wurden Anomalien bei mehr als 60 Metaboliten (Stoffwechselzwischenprodukten) in 20 Stoffwechselwegen gefunden, die „CFS“-Kranke von den Kontrollen unterschieden. Die Resultate zeigen, dass die metabolischen Besonderheiten einer „CFS“-Erkrankung einem hypometabolischen Zustand (herabgesetzter Stoffwechsel) entsprechen. Das chemische Profil der erkrankten Probanden ähnele dem von Lebewesen (Anm. d. A.: z.B. Fadenwürmern), deren Stoffwechsel sich unter widrigen Umweltbedingungen verlangsame, um den Zelltod zu verhindern, schreiben die Autoren. Während der hypometabolische Zustand, der als Dauer oder Dauerstadium bezeichnet wird, Tieren das Überleben sichere, verursache er dem Menschen Schmerzen, Leiden und Behinderungen. 




Je weniger Metabolite sich im Blut befanden, desto schwerer war das Krankheitsbild des Patienten. Mit „CFS“ assozieren ließ sich jedoch nur ein Teil der gefundenen Anomalien, denn insgesamt stimmten nur 25% der stoffwechselbedingten Störungen bei den Patienten überein. Für eine akkurate Diagnosestellung muss also nicht auf alle 60 Metabolitenanomalien, die Patienten von gesunden Kontrollen unterscheiden, getestet werden. Bei den männlichen Patienten genügte es, 8 Metaboliten, bei den weiblichen 13 zu analysieren, um im Blindtest eine diagnostische Trefferquote von über 90% zu erzielen.

Trotz der Heterogenität der Faktoren, die ein „CFS“ auslösen können, fiel die zelluläre metabolische Reaktion der Patienten homogen aus und war statistisch robust. Die Entdeckung einer objektivierbaren chemischen Signatur bei „CFS“-Patienten könnte zur Entwicklung eines diagnostischen Testverfahrens führen, mit dem Betroffene in der Praxis früher und sicherer als bisher identifiziert werden können. Die restlichen 75% der metabolischen Anomalien waren individuell unterschiedlich. Das würde erklären, warum manche Behandlungen bei einigen wenigen Patienten anschlagen, bei vielen anderen jedoch nicht. Die Identifizierung dieser einzigartigen Störungen bei jedem einzelnen Patienten könnte die Möglichkeit eröffnen, Therapien in Zukunft individuell anzupassen.

Doch um welche Therapien geht es dabei?


Die Autoren der Studie meinen, theoretisch ließen sich schrittweise Verbesserungen mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) erreichen. Das ist eine verblüffend simplifizierende Antwort auf einen komplexen Befund, so als ob man einen Diabetes Typ I mit ein paar Vitaminen und Zimt oder eine HIV-Infektion mit Echinacea zur Stärkung des Immunsystems kurieren möchte. Den Autoren dürfte zudem bekannt sein, dass Behandlungen mit NEM die meisten Patienten ihrer letzten Ersparnisse beraubt haben – und zwar ohne durchschlagenden Erfolg. Immerhin räumen sie ein, Manipulationen mittels Folsäure, Vit. B12 u.a.m., wie sie ihnen vorschweben, seien noch nicht in einer streng konzipierten klinischen Studie getestet worden.

Darüber hinaus behaupten sie, Achtsamkeit bei Ernährung und Stoffwechsel, Triggern und Stressoren sowie körperliche Aktivität und Maßnahmen in puncto Lebensstil könnten effektive Behandlungsmethoden sein.

Man fragt sich unwillkürlich nach der Praxiskompetenz der Autoren. Wie gut kennen sie das Leben der Patienten und die Bedingungen, unter denen diese existieren müssen? Wissen sie überhaupt, was abertausende Patienten schon alles ausprobiert haben, um wieder auf die Beine zu kommen, bis sie erkennen mussten, dass alle Mühe vergebens war und die Abwärtsspirale nicht aufzuhalten? Wollen sie das überhaupt wissen? Kennen sie die Patienten, die nachmittags die Zeitung aus dem Briefkasten fischen, um wenigstens die Überschriften zu lesen, obwohl es große Mühe macht, sie überhaupt zu kapieren? Abends unter Mobilisierung aller Kräfte ein Tiefkühlgericht in die Pfanne hauen oder eine Scheibe Brot verdrücken, aber den Abwasch auf morgen verschieben wie auch schon die Dusche, die seit zwei Wochen überfällig ist? Kennen sie die Kranken, die vom Sofa zum Kühlschrank kriechen? Oder sich auf den Toilettenstuhl neben dem Bett hieven? Oder 24 Stunden mit Schmerzen und Myriaden von Symptomen im Dunkeln liegen und versuchen zu atmen, zu essen und zu verdauen und dabei nicht verrückt zu werden?



Wenn man schon die Überleben sichernde metabolische Schutzreaktion von Würmern mit der von kranken Menschen vergleicht, bei denen sie auch ganz offensichtlich eine Schutzfunktion innehat, dann müsste man doch zumindest die gleichen Schlussfolgerungen ziehen und dürfte eben genau nicht vorschlagen, den Patienten mit Nahrungsergänzungsmitteln und Aktivierung aus seinem Dauerstadium zu holen. Versuche, diesen Zustand mit Aktivierung zu beenden, könnten nämlich für Menschen die gleichen schwerwiegenden negativen Folgen wie für Tiere haben. (Und das zeigen ja auch die Patientenerfahrungen sowie zahlreiche Studien!)

Folglich kann die einzig angemessene therapeutische Antwort doch nur sein, die Ursache dieser metabolischen Schutzreaktion herauszufinden und dann diese Ursache anzugehen und nicht, wie die Autoren vorschlagen, den Kranken gewissermaßen künstlich mit den ihm aus gutem Grund fehlenden Vitalstoffen und Aktivierung aus seinem Dauerstadium zu reißen. Zumal der hypometabolische Zustand bei den Erkrankten nicht vorübergehender Natur ist wie bei den Würmern beispielsweise, sondern als Teil eines in den meisten Fällen erst mit dem Tod endenden Pathomechanismus zu begreifen ist.

Interessenkonflikte und Studienkohorte

Warum also eine aufwendige Metabolom-Studie, die weltweit gefeiert wird, als würde es sich hierbei um einen medizinischen Durchbruch handeln, wenn am Ende nur lausige Therapieempfehlungen herauskommen, die noch keinem ME-Patienten geholfen haben und die schon für nur moderat Betroffene nicht umsetzbar sind?

Die Autoren geben an, keine Interessenkonflikte zu haben. Doch wenn man sich mal zwei von ihnen, Eric Gordon und Wayne Anderson, herauspickt, kommt man zu einem anderen Ergebnis. Sie bieten in ihrer Praxis Nahrungsergänzungsmittel an und führen sogar eine Online-Apotheke
Die Tinte des Studienpapiers war noch kaum trocken, da bewarben die beiden bereits ihre Praxis ungeniert auf dem Hintergrund der Studienergebnisse, wobei die Story von einer Patientin mit wundersam fortschreitender Regeneration dank ihrer Behandlungsangebote natürlich nicht fehlen durfte.


Auch Co-Autor Neil Nathan ist bei Gordon Medical Associates, wie den Autoreninformationen der Studie zu entnehmen ist, betreibt aber wohl auch seine eigene Praxis. (Für eine Stunde Konsultation verlangt er stolze 500 Dollar, zahlbar im Voraus!) Schon seit Jahren verkauft Nathan genau die von den Autoren ins Auge gefassten NEM, u.a. auch über die NEM-Firma ProHealth. Es verwundert dann doch, dass die Autoren der Studie ihre geschäftlichen Verquickungen nicht als Interessenkonflikt wahrnehmen wollen.






Mutmaßlich würde auch Robert Naviaux über seine Patentrechte finanziell von einem Metaboliten-Test profitieren. Daran ist weiter nichts auszusetzen. Denn so ein diagnostischer Test wird dringend gebraucht, ein kostengünstiger und vor allem allgemein anerkannter Biomarker, der zuverlässig die Erkrankten identifizieren kann. Ob dieser Metaboliten-Test nun aber Fluch oder Segen über die Patienten bringen wird, bleibt vorerst noch abzuwarten. Denn was, wenn die neuen Marker gar nicht zur Abgrenzung von anderen Erkrankungen taugen? Was, wenn Vergleichsstudien mit „verwandten medizinischen Störungen wie Depression und Posttraumatische Belastungsstörung“, die die Autoren vorschlagen, zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen kommen?

Schon die Tatsache, dass die Autoren Depression und PTSD als verwandte oder ähnliche Erkrankungen betrachten, muss tief beunruhigen. Auch der sorglose Umgang mit dem Begriff Chronic Fatigue, der im Papier gleich mehrfach auftaucht. Denn „Chronic Fatigue“ bezeichnet – nach den von den Autoren verwendeten Kanadischen Konsenskriterien – keineswegs die pathologische, physiologisch und biochemisch nachweisbare Erschöpfung, unter der ME-Patienten leiden, und deshalb darf dieser Begriff auch nicht mit ME und „CFS“ verwechselt werden.

Schauen wir uns also an, welche Patienten überhaupt untersucht wurden. Die ausgewählten Patienten erreichten relativ hohe Werte auf der Karnofksi-Skala, die Männer im Schnitt 62%, die Frauen 54%. [Table 1] Behindert und auf qualifizierte Hilfe angewiesen, wie das Gros der ME-Patienten, ist man jedoch erst ab 40%. Es waren zwar auch mindestens zwei schwerbehinderte Patienten mit 30% dabei, jedoch auch mindestens zwei mit 90%, was bedeutet, dass diese Personen eine normale Leistungsfähigkeit besitzen und kaum oder nur geringe Symptome haben. Dennoch sollen die Patienten neben den laxen IOM- und weitgefassten Fukuda-Kriterien auch die Kanadischen Konsenskriterien erfüllt haben. Doch 90% auf der Karnofski-Skala ist mit keiner der drei Krankheitsdefinitionen vereinbar. Die meisten Studienteilnehmer waren Patienten von Gordon Medical Associates, wie in dem Artikel zu lesen ist, der die Praxis promotet. Ob Besitzer schicker Lifestyle-Praxen, die bei dieser Studie für die Probandenauswahl zuständig waren, aber auch tatsächlich ME-Experten sind, bleibt zumindest fraglich. 

Sorge muss auch die Einbindung der Psychologin Asha Baxter bereiten, die die Patientenrekrutierung, die Krankengeschichten und die klinischen Daten koordinierte. Sie gehört ebenfalls zum Mitarbeiterstab von Gordon Medical Associates und ist u.a. Master-Practitioner für Neuro-Linguistisches Programmieren. Das ist eine – zunächst – aus verschiedenen psychotherapeutischen Ansätzen entwickelte, vielfach als unwissenschaftlich geltende Methode des Kommunikations- und Verhaltenstrainings, die hauptsächlich auf dem Weiterbildungsmarkt Anwendung findet. Baxter beschäftigt sich u.a. auch mit Biosyntonie, einem Verfahren, das mittels aus Kristallen zusammengesetzten Keramikscheiben, die dem Patienten aufgelegt werden, die natürlichen Heilkräfte des Körpers wecken und die körpereigenen Energiesysteme ins Lot bringen soll. Außerdem ist Baxter begeisterte Anhängerin vom Heilen durch Handauflegen. Ebenfalls aufhorchen lässt, im Zusammenhang mit der Naviaux-Studie, dass sie an Phantomglied-Studien des Neurowissenschaftlers Vilayanur Ramachandran beteiligt war, der die umstrittene These vertritt, dass der Phantomschmerz durch fehlerhafte Anpassungen der Großhirnrinde verursacht werde.

(Nun ja, hoffen wir mal, dass die oftmals berührungsempfindlichen ME-Patienten sich in Zukunft bei der Reha nicht mit Keramikscheiben beschweren, von heilenden Händen begrabbeln und ihr Gehirn umprogrammieren lassen müssen, um ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen  bevor sie, solchem Firlefanz weiterhin krank oder sogar noch kränker entronnen, endlich berentet werden dürfen.)



Gewagte Hypothese

Das Interview zur Studie weist auch Hauptautor Robert Naviaux nicht gerade als ME-Experten aus. Naviaux sagt, wenn die hypometabolische Antwort auf eine Bedrohung mehr als 6 Monate andauere, könne das „CFS“ verursachen und zu chronischen Schmerzen und Behinderung führen. Doch das typische Krankheitsbild der ME oder des „CFS“, wie er es nennt, beginnt unvermittelt mit einem initialen Auslöser, z.B. einem banalen Infekt, einer schweren Infektion, einer Impfung oder Giftstoffexposition. Und bizarre, ME-typische Symptome, die die Patienten überfallen und die von ihnen sofort als äußerst ungewöhnlich, weit über die gewöhnliche Infektsymptomatik hinausgehend und als noch nie zuvor erlebte Krankheitsphänomene beschrieben werden, treten i.a.R. bereits spätestens nach 1-2 Wochen auf – wenn sie nicht schon vom ersten Tag an registriert werden!

D.h. ein „CFS“ entwickelt sich nicht erst 6 Monate nach einer initialen Infektion oder dergleichen, wie Naviaux` Erklärung nahelegt, sondern man hat es von Anfang an. Und selbst die nur mild oder mild/moderat Betroffenen, die zweifelsohne häufiger als schwerer Betroffene eine Remission bzw. meist nur eine Teilremission erleben, bleiben betroffen und sind lebenslang der Gefahr ausgesetzt, einen schweren Rückfall zu erleiden. Wie Naviaux ausgerechnet auf die Zahl von 6 Monaten kommt, verrät er leider nicht. Ob er sich damit auf diverse Krankheitsdefinitionen bezieht? Doch die stellen nicht in Frage, dass die Krankheit sofort – mit dem initialen Auslöser – beginnt. Sie verlangen die 6-Monatsfrist nur aus einem Grund, nämlich um ME bzw. „CFS“ einigermaßen zuverlässig gegen andere Erkrankungen – auch vorübergehende postinfektiöse Zustände – abgrenzen zu können.

Naviaux` Ausführungen zeugen von wenig Patientenkontakt und leider auch einem erschreckenden Mangel an Hintergrundwissen zur Krankheit. Bei seiner ätiologischen Hypothese wird`s folglich gewagt. Er ist überzeugt, dass die trotz unterschiedlicher Krankheitsauslöser homogene zelluläre metabolische Reaktion auf Umweltstressoren (biologische oder chemische Belastung, physisches oder psychisches Trauma) der Grund für die metabolischen Besonderheiten bei „CFS“ sei und nicht etwa der jeweilige Trigger der Krankheit.

Doch das klingt wie ein Zirkelschluss: Der Grund für die Anomalien sind die Anomalien. Denn hier wird nicht die Frage beantwortet, warum die Patienten auf die Stressoren mit einem hypometabolischen Zustand reagieren, anstatt gesund zu bleiben wie die meisten anderen Menschen auch. Diese Frage wird nicht einmal gestellt.

Wenn die zelluläre metabolische Reaktion auf unterschiedliche Auslöser bei den Patienten homogen ausfällt, muss man dann nicht eher davon ausgehen, dass die Auslöser gar nicht die entscheidende Rolle spielen, sondern ein dritter, bislang unentdeckter Faktor im Spiel ist, der für die homogene Reaktion ursächlich verantwortlich ist? Darf man so glattweg wie die Autoren schließen, dass, wenn keiner der von den Patienten berichteten Auslöser den hypometabolischen Zustand erklärt, auch kein anderer, den Patienten und Autoren nicht bekannter Auslöser dafür verantwortlich sein könnte? Ein solcher Schluss klingt nicht sehr wissenschaftlich.

Denn hier müsste doch wohl die Frage nach einer anderen gemeinsamen Ursache aufgeworfen werden. Der Auslöser ist schließlich nicht zwingend die Ursache der Krankheit. Verwechseln Naviaux et al. die Begriffe Auslöser und Ursache etwa? Das mag man kaum glauben.

Die Auslöser der Krankheit sind zudem meist selbst berichtet und die der Krankheit vorangegangenen Ereignisse nur das, was die Patienten oder ihre behandelnden Ärzte für den jeweiligen Auslöser halten. Nimmt man einen Perspektivwechsel vor, so fragt sich sogar, ob etliche der Auslöser nicht in Wirklichkeit sogar bereits die Anzeichen bzw. Vorzeichen der Krankheit sind. Betrachtet man das Krankheitsgeschehen z.B. aus dem Blickwinkel eines AIDS-Patienten der frühen 80er-Jahre, der noch nicht wissen konnte, dass das HI-Virus für seine opportunistischen Infektionen ursächlich verantwortlich ist, so hätte der damals auch sagen können: Der Auslöser meiner Krankheit war das Lymphadenopathie-Syndrom, danach ging es mit mir gesundheitlich abwärts.

Doch sein Lymphadenopathie-Syndrom war nicht der Auslöser und auch nicht die Ursache seiner Erkrankung, wie sich spätestens nach der Entdeckung des HI-Virus herausstellte, sondern bereits ein Resultat, ein Anzeichen seiner zuvor stummen HIV-Infektion, die in ihm schlummerte. Ebenso ist es möglich, ja, sogar wahrscheinlich, dass die Kaskade von Infektionen, die viele ME-Patienten häufig schon Jahre vor dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit erleben, bereits ihre Vorzeichen sind, also eine Form von mildem ME – noch ohne die dann plötzlich auftretende, als sonderbar empfundene, sich kumulierende und schließlich alle Körpersysteme betreffende Symptomatik. Gleichermaßen bei den Patienten, die sich als zuvor kerngesund beschreiben, wäre dann der initiale Infekt nicht als Auslöser, sondern als erstes Anzeichen der Krankheit aufzufassen. (Übrigens haben die frühen ME-Forscher in ihren Arbeiten auch nicht von Auslösern oder Triggern gesprochen, sondern von Prodromi. Sie haben die Symptome des initialen Infekts also bereits als Teil der Krankheit, als ihre uncharakteristischen Vorzeichen bzw. Frühsymptome gewertet.)

Was die Systematisierung der Krankheit betrifft, wird Naviaux im Interview noch deutlicher als in der Studie. Er behauptet, die chemische Signatur, die sie entdeckt hätten, sei ein Beweis dafür, dass „CFS“ eine „objektive Stoffwechselstörung“ sei, die den mitochondrialen Energiestoffwechsel, die Immunfunktion, die gastrointestinale Funktion, das Mikrobiom, das autonome Nervensystem, das neuroendokrine System und andere Gehirnfunktionen beeinträchtige.

Doch reicht die Feststellung, dass sich bei „CFS“-Patienten Metabolitenanomalien zeigen, für eine solche Einordnung aus? ME oder „CFS“ nur eine Stoffwechselstörung? Kann man eine so facettenreiche Krankheit, die von Naviaux et al. nur unter einem Gesichtspunkt studiert wurde, so mir nichts dir nichts in eine Schublade stecken unter Missachtung aller übrigen Forschungsergebnisse? Wäre es nicht auch eine Nummer kleiner gegangen, z.B. mit einer Feststellung wie: „CFS“ ist unter anderem eine Stoffwechselstörung? Oder „CFS“ löst unter anderem eine Stoffwechselstörung aus?



Obacht bei Forschern, die den epidemischen Charakter von ME nicht zur Kenntnis nehmen!

Aber vor allem: Wie passt Naviaux` Hypothese mit den ME-Epidemien und Clustern zusammen? Angesichts der horizontalen Übertragbarkeit und des komplexen Krankheitsbildes scheint es doch viel plausibler, dass die metabolischen Anomalien eine weitere Folge eines – wie auch immer – gearteten infektiösen Geschehens sind, das sich auf alle Organsysteme erstreckt.

Doch davon will Naviaux offenbar nichts wissen. Im Interview warnt er vor Langzeittherapien mit antimikrobiellen und antiviralen Substanzen, weil viele dieser Medikamente die mitochondrialen Funktionen hemmen und toxisch wirken können. Er ist gegen eine Verabreichung dieser Substanzen, wenn es „nicht länger gute Beweise für eine aktive Infektion“ gibt. Darüber hinaus vertritt er die Ansicht, dass „CFS“-Patienten nur selten von diesen Mitteln profitieren. Und wenn sie ihnen helfen, dann nicht aufgrund der herkömmlichen Klassifikation dieser Medikamente als Antibiotika oder antivirale Mittel, sondern weil sie den Stoffwechsel beeinflussen.

Diese Aussage aus dem Mund eines Forschers, dessen Studie „nicht konzipiert war, die verschiedenen auslösenden Ereignisse zu untersuchen“, erstaunt dann doch. Dass Medikamente auch über ihre eigentliche Klassifikation hinaus wirksam sein können, ist keine Frage. Aber diese Hypothese aufzustellen, ohne die Studienteilnehmer auf ihre virale Belastung getestet zu haben, mutet fast schon tollkühn an. Selbst wenn frühere Befunde der Probanden keinen Anhaltspunkt für virale Belastungen lieferten, könnten sie dennoch vorhanden sein. Es ist schließlich bekannt, dass viele Viren im Blut schwer zu entdecken sind, weil sie langsam replizieren oder sich ganz ins Gewebe zurückziehen. Um also behaupten zu können, die Patienten würden nicht unter persistierenden Virusinfektionen leiden, die für das Krankheitsbild verantwortlich sind, hätte man Gewebeproben nehmen müssen und auf alle bekannten und auch unbekannten Viren und Retroviren testen müssen.



Gefährliche Nähe zu den Theorien der Wessely School

Obwohl Naviaux im Interview die Frage, ob seine Entdeckung einer chemischen Signatur den Mythos von einer eingebildeten, nicht realen Krankheit zerstöre, bejaht, tun sich mehr Fragen als Antworten zu seiner tatsächlichen Position auf.

Um Naviaux` Nähe zu den Theorien der britischen Wessely School bzw. dem ihres biopsychosozialen Krankheitsmodells aufzuzeigen, muss ich ein wenig ausholen. Der von Naviaux geprägte Begriff Cell Danger Response (CDR) meint die evolutionär konservierte metabolische Reaktion, die Zellen und Wirte vor Schädigung durch biologische, chemische und physikalische Bedrohungen schützt. Nun waren einige Metabolite, die üblicherweise bei einer akuten CDR erhöht sind, wie Naviaux in früheren Arbeiten dokumentierte, bei den „CFS“-Patienten erniedrigt. Naviaux schlussfolgerte, im Falle von „CFS“, bleibe die CDR „stecken“ und sei – trotz Abwesenheit einer anhaltenden Bedrohung – nicht in der Lage, den Gefahrenmodus zu überwinden. Deshalb käme es zum nächsten Schritt, der mit einer Art „Belagerungs-Stoffwechsel“ einhergehe. Dabei verfestigt sich der hypometabolische Zustand, obwohl die Gefahr, z.B. eine Infektion, längst gebannt ist. Der „Belagerungs-Stoffwechsel“ sorgt für eine Drosselung der Mitochondrienfunktion. Dadurch können die eindringenden Pathogene, die laut Naviaux ja nicht mehr vorhanden sein sollen, sie sich nicht mehr nutzbar machen. Mit meinen Worten sehr vereinfacht ausgedrückt: „CFS“ ist, wenn ich Naviaux richtig verstehe, ein Versagen einer adäquaten Stoffwechselantwort.

Was hat diese Theorie mit den Theorien der Wessely School zu tun? Die meisten Anhänger dieser psychiatrischen Richtung behaupten ja längst nicht mehr, dass diese Krankheit nicht real sei. Man hat sich inzwischen – zumindest offiziell – weitgehend auf die Sprachregelung, die Patienten stünden unter einem hohen Leidensdruck, verständigt. (Dass das nur ein Lippenbekenntnis ist, steht auf einem anderen Blatt.) Die Wessely School-Adepten verfolgen mittlerweile die Hypothese, dass die Patienten zunächst tatsächlich körperlich krank sind, einen initialen Infekt durchmachen. Doch im Anschluss daran, nachdem der Infekt bereits überwunden ist, entwickeln sie sogenannte falsche Krankheitsüberzeugungen. Weil sie glauben, physische Aktivitäten könnten ihnen immer noch schaden und die Krankheit verschlimmern, stellen sie dann ihre Aktivitäten ein und entwickeln eine Trainingsphobie, die schließlich zu ihrer Dekonditionierung führt. Dieses Furcht-Vermeidungsverhalten wird von den Verfechtern des biopsychosozialen Krankheitsmodells, zu denen auch die Wessely School zählt, als ein krankheitsaufrechterhaltender Teufelskreis angesehen, der nur mit Hilfe von Aktivierung (Graded Exercise Therapy) und Kognitiver Verhaltenstherapie zu durchbrechen ist.

Die Parallelen zu den Auffassungen von Naviaux et al. liegen auf der Hand: Während die einen, Naviaux und Kollegen, „CFS“ für ein Versagen der Stoffwechselantwort auf eine längst gebannte Gefahr halten, betrachten die anderen, Wessely-Adepten, „CFS“ als Versagen der Psyche auf einen längst überwundenen Infekt. Es würde nicht verwundern, wenn die Wessely School in absehbarer Zeit den Versuch unternähme, ihre psychiatrische Hypothese auf der biologischen Ebene mit Naviaux` Resultaten zu untermauern. Zumal beide, sowohl Naviaux et al. als auch die Wessely-Anhänger, in ihren Behandlungsempfehlungen weitgehend übereinstimmen: Aktivierung und Änderung des Lebensstils!



Kleiner Exkurs zum neuesten Forschungsvorhaben der Briten

Und tatsächlich, gerade mal ein knapper Monat ist vergangen seit Veröffentlichung dieser Studie, da kündigt die britische M.E./CFS Epidemiology and Genomics Alliance (MEGA) eine "biomedical 'big data'"-Studie an, an der 12.000 Patienten mit "M.E./CFS" teilnehmen sollen. Das klingt zunächst toll, doch wenn man die Liste der MEGA-Mitglieder durchgeht, stößt man auf Namen wie Peter White (PACE trial-Studienleiter), Esther Crawley (MAGENTA-Studienleiterin, eine PACE trial mit Kindern) und weitere Anhänger der Wessely School. MEGA hat sogar eine Petition gestartet, um sich die Unterstützung der Erkrankten zu sichern - vorgeblich deshalb, weil man auf diese Weise Entscheidungsträger dazu bewegen will, Forschungsgelder lockerzumachen. Doch es steht zu befürchten, dass MEGA aus einem ganz anderen Grund auf Patientenstimmenfang geht. Nämlich, um nach Präsentation der Studienresultate Proteste aus der ME-Community mit Verweis auf die breite Unterstützung durch die Betroffenen gleich im Keim ersticken zu können.

Offenbar hat die Wessely School ihre Lehren aus den PACE trial-Protesten gezogen. Diesen will man nun zuvorkommen, auch indem man sich an den "neuesten Trend" in der ME-Forschung anhängt. Inhaltlich knüpft MEGA mit Schlagworten wie Genetik, Epigenetik, Proteomik, Metabolomik und sprachlich mit Reizworten wie big data an die international von vielen Patienten gestützte "ME/CFS Severely ill Big Data Study" und offensichtlich auch an die Naviaux-Studie an. Man scheut sich anscheinend nicht, mit den übelsten Verkauftstricks zu arbeiten. Dabei wird die MEGA-Studie auf Jahre sämtliche britischen Forschungsressourcen verbrauchen. Doch ob die Resultate irgendeinen Nutzen für die ME-Kranken haben werden, ist mehr als zweifelhaft. MEGA beabsichtigt zwar, mittels der erhobenen Daten diagnostische Tests zu entwickeln und Behandlungen für jede Untergruppe der Erkrankten, aber da nicht einmal die Eingangskriterien für die Studie preisgegeben wurden, muss man leider annehmen, dass hier wieder nur ein Haufen "Müder" und "Erschöpfter" untersucht werden soll. 

Und dennoch lässt man sich die Zustimmung der ME-Patienten vorab zusichern. Diese Vorgehensweise ist perfide. Denn die meisten Patienten wissen gar nicht, was sie da unterzeichnen. Sie sehen nur das positiv besetzte Reizwort "biomedical research" und sind völlig ahnungslos, welche verheerenden Folgen ihre Unterschriften möglicherweise haben werden. Es sieht ganz danach aus, als habe die Wessely School nun den Dreh raus, wie man die Patienten am besten hinter die Fichte führt: mit dem Zauberwörtchen biomedizinisch. Und tatsächlich mehren sich Stimmen von Patienten im Netz, die eingestehen, genau darauf hereingefallen zu sein und dabei die am Ende der Petition gelisteten Namen problematischer MEGA-Mitglieder überlesen zu haben.  

(Auch die britische Charity-Organisation Invest in ME gab ein sehr kritisches Statement zu MEGA ab und unterstützt dieses Vorhaben nicht. Man kann nur nachdrücklich davor warnen, die MEGA-Petition zu unterzeichnen. Falls Sie bereits unterschrieben haben, können Sie über diesen Link Ihre Unterschrift wieder rückgängig machen. Hier können Sie die "Gegen"-Petition - Opposing MEGA - unterschreiben!)




Keine Taschenspielertricks, Herr Naviaux!

Zurück zu Naviaux: Wie nah Naviaux den Theorien der Wessely School tatsächlich ist, wurde erst einige Wochen nach Erstveröffentlichung dieses Blogeintrags evident. In der Folgestudie nämlich, einer erweiterten Metabolom-Studie, werden die Studienteilnehmer nun nach Kindheitstraumen gefragt. (Siehe hier, Q1.1) Naviaux will herausfinden, ob Kindheitstraumata die Anfälligkeit erhöhen, später im Leben an "CFS" zu erkranken, wie er erklärte. Mit dieser Forschung reiht er sich nahtlos in die Riege derjenigen ein, die seit Jahren versuchen, einen Zusammenhang zwischen Kindheitstraumen und "CFS" herzustellen, beispielsweise Urs Nater und Christine Heim

Naviaux beruft sich jedoch auf die Arbeiten anderer Autoren, die Kriegsveteranen untersucht und ein erlittenes Kindheitstrauma als stärksten prädisponierenden Faktor ausgemacht haben, nach dem Einsatz im Irak oder Afghanistan an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) zu erkranken. Mutmaßlich bezieht er sich dabei auf Wessely-Studien. [Iversen et al. 2007; Iversen et al. 2008]

Was von Studien zu halten ist, die mithilfe von Fragebögen und retrospektiv Berichtetem operieren, habe ich bereits ausführlich in meinem Buch und auch hier und hier auf meinem Blog erläutert. An dieser Stelle nur soviel dazu: Im Rückblick selbst berichtete Kindheitstraumen stellen lediglich eine Meinungsäußerung der Probanden dar. Es sind nicht-validierte Selbstdiagnosen im Gegensatz zu der validierten Diagnose eines Fachmanns. Nicht jeder, der eine unglückliche Kindheit erlebte oder misshandelt wurde, ist dadurch traumatisiert. Zum Beispiel wurden Generationen von Kindern von ihren Eltern und Lehrern geschlagen, doch nur ein kleiner Prozentsatz dieser Kinder trug ein psychisches Trauma davon. (Mit diesem Beispiel soll körperliche Züchtigung keinesfalls gerechtfertigt und die oftmals verheerenden Folgen von Gewaltanwendung nicht kleingeredet werden.) 

Kranke Menschen - egal ob psychisch oder physisch krank -, die auf der Suche nach Antworten sind, weshalb sie krank wurden, werden durch die Fragebogentechnik jedoch leicht zu der Annahme verführt, dass die Misshandlungen in ihrer Kindheit für ihren heutigen schlechten Zustand verantwortlich sein könnten, obwohl sie in Wirklichkeit resilient sind und ihre Krankheit nichts mit schlechten Kindheitserfahrungen zu tun hat. (Ich verweise an dieser Stelle auch auf die Studie von Daniel Perl, die ich in diesem Blog vorgestellt habe. Perl untersuchte die Gehirne verstorbener US-Kriegsveteranen, die in Afghanistan und dem Irak gedient hatten und nach ihrer Rückkehr von Psychologen wegen ihrer Depressionen, Wutanfälle und Sprachstörungen mit PTSD diagnostiziert wurden. Perl entdeckte bei ihnen punktförmig vernarbtes Gewebe im Gehirn – irreparabel zerstört durch gewaltige Druckwellen, die der eigentlichen Detonation von Sprengkörpern vorangehen. Hirnschädigungen durch Überschallschock, so kann man seine Hypothese zusammenfassen, womit die Diagnose PTSD bei diesen Untersuchten post mortem hinfällig wurde.) 

Nun steht also zu befürchten, dass Naviaux in seiner Follow-up-Studie selbst berichtete, nicht durch die Diagnose eines Experten validierte Kindheitstraumata - Selbstdiagnosen, wohlgemerkt! - mit dem Risiko, später an "CFS" zu erkranken, verknüpfen wird - auch wenn diese Patienten gar kein Kindheitstrauma erlitten haben. Aber selbst wenn einige von ihnen tatsächlich in ihrer Kindheit traumatisiert wurden, bestünde nur eine Korrelation, jedoch keine Kausalität. (Der amerikanische Psychiater Leonard Jason hatte bereits 2002 festgestellt, dass die Prävalenzraten von sexuellem Missbrauch und Misshandlung bei Menschen mit „CFS“ vergleichbar sind mit denen, die man bei Individuen mit anderen Krankheiten findet: „Im Vergleich zu denen mit CFS, die über solche frühkindlichen Erfahrungen berichten, berichten die meisten Menschen mit CFS nicht über einen solchen Missbrauch." Ü.d.A.) 

Doch ein Studienresultat, dass eine solche Assoziation nahelegt, wäre Wasser auf die Mühlen der Wessely School und all derer, die "CFS" oder ME seit jeher psychopathologisieren. Durch Biomarker, die missbraucht werden können, um die Hypothese von den Kindheitstraumen als Ursache für eine spätere "CFS"-Erkrankung zu stützen, würden die Verfechter des biopsychosozialen Krankheitsmodells sich bestätigt fühlen. (Mit der MEGA-Studie will man womöglich auf genau diesen Zug aufspringen.) Der Druck auf die Patienten nähme zu, sowohl was verhaltenstherapeutische/psychiatrische Behandlungen als auch was ihre existenzielle Lage betrifft. Betroffene würden noch öfter zwangseingewiesen werden und Eltern noch häufiger als bisher das Sorgerecht für ihre ME-kranken Kinder verlieren, wenn sie einer Unterbringung in der Psychiatrie oder in einer psychosomatischen Reha ihre Zustimmung verweigern. 

Naviaux` diesbezügliches Forschungsinteresse muss besonders auf dem Hintergrund der Tatsache beunruhigen, dass er die Hypothese von den persistierenden Virusinfektionen ablehnt und ihr diese psychogene Verursachungsthese vorzuziehen scheint. Um unserer tiefen Sorge Ausdruck zu verleihen, welche Folgen diese - wissenschaftlich mehr als fragwürdige - Forschung für die Patienten haben könnte, haben Regina Clos von cfs-aktuell und ich gemeinsam einen Brief verfasst und am 21. September an Robert Naviaux geschickt. Eine Antwort steht bislang aus. Doch wenn Naviaux das Vertrauen in seine Arbeit nicht verspielen will, wird er sich den Fragen skeptischer Patienten und kritischer ME-Aktivisten stellen und seinen Forschungsansatz überdenken müssen. 





Fazit

Naviaux` Studie belegt, dass die Studienteilnehmer – dem Vernehmen nach „CFS“-Patienten, die auch nach den Kanadischen Konsenskriterien rekrutiert worden sein sollen – eine Stoffwechselstörung haben, die vergleichbar dem hypometabolischen Zustand ist, der z.B. wirbellosen Tieren wie Würmern unter schlechten Umweltbedingungen das Überleben garantiert. Ergo erfüllt der hypometabolische Zustand eine Schutzfunktion. Doch mit ihren Behandlungsempfehlungen konterkarieren Naviaux et al. ihr Studienresultat. Das ist widersinnig.

Die Patienten sollten also mit Verweis auf das Studienergebnis darauf pochen, dass Aktivierung kontraindiziert ist, da dieser aus einem noch nicht verstandenen, aber guten Grund bestehende Schutzmechanismus mit Aktivierung durchbrochen werden würde, was fatale Konsequenzen für sie haben könnte.

Was aber generell zu Studien wie dieser zu sagen ist, hat ausgerechnet ein Psychiater, der amerikanische Kinderpsychiater Theodore Henderson so formuliert: „Alles, was die Bemühungen von Öffentlichkeit oder Ärzteschaft schmälert, ME/CFS als eine Virus-Erkrankung zu behandeln, ist ein Bärendienst.“


* Im Zusammenhang mit der Studie verwende ich in diesem Beitrag die Bezeichnung „CFS“, da die  
   Autoren von „CFS“ sprechen.

Bildnachweise:

Wildtyp Caenorhabditis elegans, Hermaphrodit, eingefärbt um die Zellkerne hervorzuheben, Quelle: „The Evolution of Self-Fertile Hermaphroditism: The Fog is Clearing“, PLoS Biol 3(1): e30, (2005) CC BY 2.5
Luke Fildes, Der Arzt, www.commons.wikimedia.org
Quinten Massijs, Der Kaufvertrag, www.commons.wikimedia.org
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Detail), www.commons.wikimedia.org
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Detail), www.commons.wikimedia.org
Trophime Bigot, Arzt untersucht Urin, www.commons.wikimedia.org
Edvard Munch, Der Schrei, www.commons.wikimedia.org
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste (Detail), www.commons.wikimedia.org
Hieronymus Bosch, Der Gaukler, www.commons.wikimedia.org




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